Ein ganzes Jahr LL.M.
Erfahrungsbericht zum LL.M.-Studium an der Boston University School of Law (2024)
Ein LL.M. in den USA war für mich von Anfang an ein fester Bestandteil meiner juristischen Ausbildung und zugleich ein persönlicher Traum, den ich mir unbedingt erfüllen wollte. Bereits früh stand für mich fest, dass ich den LL.M. erst nach Abschluss des Zweiten Staatsexamens und vor dem Berufseinstieg absolvieren möchte.
Inhalt
Warum BU?
Die Boston University (BU) wurde nach intensiver Recherche und Gesprächen mit Alumni meine klare Wunschadresse und ich würde mich jederzeit wieder so entscheiden. Die BU überzeugte mich durch ihr exzellentes Kursangebot im Unternehmensrecht und ihre Lage im Herzen einer der lebendigsten Universitätsstädte der USA.
Ein besonderer Vorteil der BU: Anders als viele US-Universitäten bietet sie die Möglichkeit, im Januar zu starten und das Programm innerhalb eines Kalenderjahres, also bis Dezember, abzuschließen. Für mich war das ideal, da ich direkt nach dem Zweiten Staatsexamen im November einsteigen und den langen Sommer für Reisen innerhalb der USA nutzen konnte.
Die Finanzierung des LL.M.-Studiums habe ich über eine Kombination aus einem Teilstipendium der BU sowie Eigenmitteln abgesichert.
Wichtig zu wissen: Viele Stipendien und Förderprogramme (z. B. DAAD oder Fulbright) orientieren sich am klassischen Studienstart im Herbst. Für einen Beginn im Januar sind die Bewerbungsfristen daher häufig bereits abgelaufen oder nicht vorgesehen, was die Förderung schwieriger macht. Eine frühzeitige Planung ist hier besonders entscheidend.

Bewerbung für das LL.M.-Studium
Im Vergleich zu anderen Berichterstatter:innen empfand ich die LL.M.-Bewerbung als überschaubar – möglicherweise auch, weil ich vom aufwändigen NY-Bar-Verfahren später noch ganz anderes gewohnt war und einige Erleichterungen hatte. Die Bewerbung über das LSAC-Portal verläuft zentralisiert und strukturiert. Dennoch sollte man frühzeitig mit der Zusammenstellung aller Unterlagen beginnen, da man nach Beantragung oft keinen Einfluss mehr auf die Erstellung und Zusendung hat.
Aufgrund der Examensvorbereitung war ich zeitlich etwas spät dran. Durch persönliche Rücksprache mit den Admission Offices der einzelnen Universitäten konnte ich jedoch auf bestimmte Anforderungen verzichten. Ich hatte beispielsweise in einem kurzen Schreiben geschildert, dass ich Deutschamerikanerin und zweisprachig aufgewachsen bin. Dies war bei allen Universitäten ausreichend, um auf einen formellen Englisch-Test, wie den TOEFL, verzichten zu können.
Die BU führt vor der finalen Zulassung ein kurzes Video-Interview durch, das ich als sehr positiv erlebt habe. Es ging weniger um klassische Bewerbungsfragen als um ein gegenseitiges Kennenlernen.
Das LL.M.-Programm der BU
Die BU bietet insgesamt vier LL.M.-Programme an: (1) American Law, (2) Taxation, (3) Banking & Finance Law sowie (4) Intellectual Property & Information Law.
Innerhalb des American-Law-Programmes gibt es außerdem drei Spezialisierungen (sog. „concentrations“), die freiwillig gewählt werden können. Diese sind: (1) Intellectual Property & Information Concentration, (2) International Business Practice und (3) Tax Concentration.
Ich habe mich für den LL.M. in American Law mit der Concentration International Business Practice entschieden, da dieser am besten mit den Voraussetzungen für das NY Bar Exam vereinbar ist, meine Interessen abgedeckt hat und dennoch ein hohes Maß an Flexibilität bietet. Außer den beiden Pflichtkursen „Introduction to American Law“ und „Legal Research & Writing“ (die ohnehin für die Zulassung zum NY Bar erforderlich sind) ist das Curriculum flexibel nach den eigenen Interessen gestaltbar. Man kann somit frei aus einem umfangreichen Pool von J.D.- und LL.M.-Kursen wählen. Die J.D.-Kurse sind Veranstaltungen für Studierende des dreijährigen regulären Jurastudiums in den USA („Juris Doctor“), die auf den Erwerb der Anwaltszulassung in den USA ausgerichtet sind.
Ich selbst habe vorrangig J.D.-Kurse belegt, da diese in der Regel tiefgehender sind und das Lerntempo höher ist. Besonders gut fand ich die J.D.-Seminare (erkennbar am „S“ im Kursnamen), die in kleinen Gruppen von etwa 10 bis 15 Studierenden stattfinden und häufig von erfahrenen Praktiker:innen (etwa Partner:innen großer Kanzleien) geleitet werden (z.B. Verhandlung eines Joint Ventures).
Die Prüfungsformen variieren stark: Von klassischen Klausuren über Hausarbeiten bis hin zu praktischen Verhandlungsübungen war alles dabei.

Leben in Boston
Direkt am Charles River gelegen und mit Blick auf Cambridge, ist die BU Law School zentral in den Campus eingebettet. Sie verfügt über eine hervorragend ausgestattete Bibliothek und moderne Lernräume, wie man sie in Deutschland selten findet. Besonders hervorzuheben ist das Fitness & Recreation Center der BU („FitRec“), das allen Studierenden zur Verfügung steht. Hier gibt es ein breites Angebot von Fitnessgeräten über einen Kletterbereich und ein Schwimmbad bis hin zu Yogakursen oder Tanzstunden.
Ich habe zunächst in Cambridge und später in Back Bay gewohnt. Zwei völlig unterschiedliche, aber gleichermaßen empfehlenswerte Wohngegenden. Cambridge hat durch die Nähe zu Harvard und dem MIT einen sehr kreativen, akademischen Charme mit vielen Cafés und Buchhandlungen. Back Bay dagegen ist urbaner und zentral gelegen. Man ist mitten im Geschehen mit schönen Altbauten und einer tollen Restaurant- und Shopping-Szene direkt vor der Türe.
Boston selbst ist eine ideale Stadt für ein Auslandsjahr: Eine perfekte Mischung aus Geschichte, Akademie, kulturellem Angebot und Lebensqualität. Die Stadt wirkt auf den ersten Blick kompakt, bietet aber eine große Vielfalt an Stadtteilen, Lebensstilen und Freizeitmöglichkeiten. Unvergesslich waren auch Wochenendausflüge nach Cape Cod, Vermont (besonders im Indian Summer ein echtes Highlight), Maine oder New York. Alles gut erreichbar mit Zug, Bus oder Mietwagen. Um immer über die neusten Events und Attraktionen in Boston informiert zu sein, lohnt es sich die App „Joyraft“ herunterzuladen.
Boston ist eine der wenigen US-Städte, in denen man sehr gut ohne Auto auskommt. Gerade für internationale Studierende ist das ein großer Pluspunkt, da man sich nicht um ein eigenes Auto oder Parkmöglichkeiten kümmern muss. Die „T“ (das U-Bahn/Tram-System) sowie die Busse verbinden alle relevanten Viertel miteinander und BU hat sogar zwei eigene Stationen entlang der „Green Line“ sowie einen eigenen, für Studierende kostenlosen Bus-Shuttle durch Boston. Zusätzlich ist vieles auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar.
BU bietet auch außerhalb des Unterrichts viel: Von Snow Tubing und Bootstouren bis hin zu Sportevents der Celtics und Red Sox oder Discovery-Touren durch Washington, D.C. und Philadelphia. Ich empfehle allen zukünftigen LL.M.s, diese Gelegenheiten unbedingt wahrzunehmen, da es eine tolle Möglichkeit ist, Kontakte zu knüpfen und Boston richtig zu erleben.


Fazit
Ich kann den LL.M. an der BU uneingeschränkt empfehlen und würde dieselbe Wahl immer wieder treffen. Die Kombination von fachlicher Entwicklung, außeruniversitären Veranstaltungen und internationalen Freundschaften hat mein Jahr in Boston unvergesslich gemacht. Boston ist für mich zu einer zweiten Heimat geworden.
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