Leben und Studieren in einer außergewöhnlichen Atmosphäre – Erfahrungsbericht zum LL.M. Studium an der Duke University School of Law (2021/2022)
Die Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes hatte sich mir während meines Studiums nicht ohne Weiteres geboten, da ich unmittelbar im Anschluss an ein Bachelorstudium mit dem Jurastudium begonnen hatte. Daher wollte ich die Möglichkeit eines LL.M.-Studiums nach dem ersten Examen unbedingt wahrnehmen und entschied mich, im August 2021 das Programm an der Duke University School of Law zu beginnen.
Inhalt
Der Bewerbungsprozess
Noch bevor ich mit dem konkreten Bewerbungsprozess begonnen hatte, habe ich an zwei Informationsveranstaltungen teilgenommen. Sowohl der DAJV LL.M. Day als auch der e-fellows.net LL.M. Day waren zur Orientierung sehr hilfreich und haben die Gelegenheit geboten, Kontakte mit Vertretern der Universitäten zu knüpfen. Dadurch konnte ich nicht nur viel über die unterschiedlichen Universitäten und Programme lernen, sondern auch in meinen Motivationsschreiben individuellen Bezug auf die Gespräche nehmen. Selbst wenn man nicht an einer solchen LL.M.-Veranstaltung teilnehmen kann, lohnt es sich in jedem Fall, die jeweiligen Personen zu kontaktieren, sein Interesse zu hinterlegen und Fragen zu stellen. Ich habe erlebt, dass die Gesprächspartner überaus freundlich und gewillt sind, alle Fragen zu beantworten. Einige Universitäten erließen außerdem die Bewerbungsgebühr, nachdem ein erstes Kennenlernen bereits bei einem der LL.M.-Informationstage stattgefunden hatte.
Der gesamte Bewerbungsprozess zog sich schließlich sehr in die Länge. Bei einer Bewerbung über die zentrale Plattform LSAC muss jeder Studienabschluss nachgewiesen werden, wobei die Formvorschriften sehr streng sind. Dies hielt für mich aufgrund des zusätzlichen Bachelor-Abschlusses in Law and Economics besondere Hürden bereit und führte zu erheblichen Verzögerungen meiner Bewerbung. Wie häufig zu lesen ist, sollten Empfehlungsschreiben zudem rechtzeitig angefragt werden. In erster Linie ist es wichtig, dass die Personen eine ehrliche Einschätzung geben können. Ich hatte durch meine Lehrstuhltätigkeit schon während des Studiums das Glück, Professoren zu kennen, die mich mit ihren Schreiben bedeutend unterstützen konnten.
Schließlich ist es in jedem Fall sinnvoll, sich an unterschiedlichen Universitäten zu bewerben. Während sich der Mehraufwand aufgrund der zentralen Bewerbungsplattform (im besten Fall) in Grenzen hält, können die Vorteile durch den Vergleich unterschiedlicher Angebote groß sein.
Entscheidende Faktoren bei der Wahl der Universität
Die stark von individuellen Präferenzen abhängige Wahl der Universität habe ich mir nicht leicht gemacht. Entscheidende Faktoren haben sich über den gesamten Verlauf von ersten Recherchen über die Bewerbungsprozesse bis hin zu der Phase nach der Zulassung herausgebildet und geschärft. Häufig spielen die Reputation und das allgemeine Ranking der Universität bzw. Law School eine besondere Rolle. Für mich waren insbesondere auch die Größe und die Struktur des Programms von besonderer Bedeutung. Duke bietet mit rund 90 LL.M.-Studierenden pro Jahr ein vergleichsweise kleines Programm an. Dadurch ist die Erfahrung von einer sehr engen Gemeinschaft geprägt, denn es gibt die Möglichkeit, die gesamte Gruppe kennenzulernen. Gleichzeitig besteht auch noch ausreichend Raum für die persönliche Entfaltung. Außerdem werden in dem Programm bis auf zwei Vorlesungen alle Veranstaltungen gemeinsam mit JD-Studierenden besucht. Dadurch kommt ein natürlicher Austausch mit den US-amerikanischen Studierenden zustande. Zudem handelt es sich um ein allgemeines LL.M.-Studium, in dem bei Bedarf aus drei Spezialisierungen gewählt werden konnte (Environmental and Energy Law Certificate, Business Law Certificate und IP, Science and Technology Law Certificate; mittlerweile ergänzt durch das New Ventures and Entrepreneurship Certificate).
Auch wollte ich das Leben an einer Campus-Universität kennenlernen. Verstärkt durch die zur Zeit meiner Bewerbung noch immer bestehenden Unsicherheiten der Pandemie, war mir das Großstadtleben nicht allzu wichtig. Der Campus der Duke University ist mit den Sarah P. Duke Gardens und der Chapel nicht nur besonders schön, die Nähe zu anderen Fakultäten und zahlreiche Aktivitäten bieten zudem die Möglichkeit, Kontakte auch über die Law School hinaus zu knüpfen. Zudem ist die Identifikation mit der Universität, so wie wohl überall in den USA, sehr hoch. Dies führt dazu, dass ein Netzwerk gebildet werden kann, welches auch über das LL.M.-Studium hinausgeht.
Schließlich legt Duke großen Wert auf die Betreuung der LL.M.-Studierenden und verfügt über ein eigenes Büro für den LL.M.-Studiengang mit unter anderem einer eigenen Karriereberaterin. Dies hat dazu beigetragen, dass ich mich seit der Bewerbung besonders gut aufgehoben gefühlt habe. Unter anderem wurde mir noch vor meiner endgültigen Entscheidung ermöglicht, online an einer Vorlesung teilzunehmen und mich mit sowohl aktuellen Studierenden als auch Alumni auszutauschen. Der Eindruck hat sich vor Ort bestätigt und auch mit der pandemischen Lage ist die Universität meiner Meinung nach sehr gut und transparent umgegangen, sodass es während der gesamten Zeit des Studiums kaum Einschränkungen gab.
Das Leben in Durham
Die Lebenshaltungskosten in Durham sind im Vergleich zu einigen anderen Gegenden in den USA eher gering. Gleichzeitig findet man in vielen Wohnkomplexen Gemeinschaftsräume, Pools und Fitnessräume. Ein Apartment in Campusnähe hatte ich schon vor meiner Anreise gemietet und meinen ecuadorianischen Mitbewohner, der sein MBA-Studium an der Business School begann, über eine Internetplattform der Universität kennengelernt. Zwar ist die Infrastruktur in der Stadt selbst mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht besonders gut, ein Auto musste ich mir trotzdem nicht zulegen, da ich das Glück hatte, dass in meiner unmittelbaren Nachbarschaft viele meiner Freunde gewohnt haben und es zudem einen Campusbus gibt.
Die Umgebung von Durham und North Carolina ist traumhaft und nicht zu unterschätzen. Auch wenn es im August und Anfang September noch sehr schwül war, ist das Wetter insgesamt sehr angenehm. Überwiegend schien die Sonne bei strahlend blauem Himmel. Zwar ist Durham selbst sehr klein, aber gleichzeitig ein durchaus interessantes Städtchen. Zudem ist es bis Chapel Hill oder Raleigh nicht weit. So lassen sich neben der von Billard- und Dartsspielen begleiteten wöchentlichen Karaoke-Veranstaltung in der Tavern, die fast schon ein Pflichttermin für Jura-Studierende war, auch viele weitere Bars oder Restaurants entdecken.
Die häufigen Wochenendausflüge haben uns zu einem der zahlreichen State Parks zum Wandern oder zum Schwimmen in den Seen geführt. Im Winter organisierten wir einen Ski Trip in ein kleines Resort Nahe dem Städtchen Boone. Außerdem bieten sich Ausflüge ans Meer, beispielsweise an die Outer Banks, oder nach Charlotte, um Football oder Fußball anzusehen, an. Die Term Breaks wurden von vielen Kommilitonen für weitere Reisen beispielsweise nach Florida oder sogar Kalifornien genutzt. Ich selbst habe während einer freien Woche einen Roadtrip von Durham über Richmond nach Washington D.C. und anschließend über Annapolis nach Philadelphia und schließlich nach New York City gemacht. Der Flug von dort zurück nach Durham dauert nur etwa 1,5 Stunden.
Das Unileben
Der Unisport und speziell Basketball spielen in Durham eine große Rolle. Mein LL.M.-Jahr fiel zufällig in die letzte Saison von Coach K, einer Legende des (College-)Basketballs in den USA. Auch die Spiele und die Stimmung im Cameron Indoor Stadium sind legendär. Darüber hinaus fanden laufend Veranstaltungen am Campus statt und auch sonst können die hochmodernen Einrichtungen auf unterschiedliche Weise genutzt werden. Beispielsweise haben wir mit Teams in gemischten LL.M./JD-Mannschaften in einer Fußball-Kleinfeld- oder Flag-Football-Liga der Universität gespielt.
Auch haben wir einige Veranstaltungen eigenverantwortlich organisiert. Beispielsweise wurde „Friendsgiving“ gefeiert oder ein LL.M.-Dinner veranstaltet, bei dem alle etwas aus dem jeweiligen Herkunftsland gekocht und mitgebracht haben.
Zudem hat die Fakultät wöchentlich Lunch-Events durchgeführt, bei denen Professoren, Studierende und Alumni besser kennengelernt werden können.
Meine Kurswahl
Bei der Kurswahl werden von der Universität keine Einschränkungen vorgegeben. Einzig eine Vorlesung zum US-Verfassungsrecht und ein Kurs zum wissenschaftlichen Arbeiten sind für LL.M.-Studierende verpflichtend. Wer eines der speziellen Zertifikate erhalten möchte, muss zudem einige weitere Voraussetzungen erfüllen.
Drei meiner Kurse im ersten Semester waren Business Associations, Startup Law und Big Bank Regulation. Im zweiten Semester habe ich unter anderem Structuring Venture Capital and Private Equity Transactions gewählt. In diesem Kurs arbeitete man vorlesungsbegleitend an Problemsets und Projekten in Teams mit JDs sowie Studierenden vom College und der Business School. Im Rahmen des Seminars Climate Change and Financial Markets konnte ich mein Research Paper schreiben und viel durch die Diskussionen mit den beiden Professoren, JDs, Public-Policy- und Business-Studierenden lernen.
Die Professoren waren auch außerhalb der Vorlesung alle sehr hilfsbereit und interessiert an einem gegenseitigen Austausch. Der größte Unterschied zum Unterricht in Deutschland liegt wohl darin, dass die Vorbereitung auf Vorlesungen erwartet und die Mitarbeit im Vorlesungssaal häufig auch benotet wird. Durch Abgabefristen und Präsentationen während der Vorlesungszeit kann der Arbeitsumfang während des Semesters deutlich höher sein, als dies hier (außerhalb der Examensvorbereitung) der Fall ist. Zudem sind einige Vorlesungen viel praxisnäher als in Deutschland.
Fazit
Meine Erwartungen an die Zeit meines LL.M.s wurden weit übertroffen und ich bin sehr dankbar für die Erfahrung und die vielen neuen Freundschaften. Besonders wertvoll ist der Austausch mit so vielen interessanten und interessierten Menschen aus der ganzen Welt und die Zeit mit den Mitstudierenden, die neue Sichtweisen und Blickwinkel eröffnet. Auch ist das Leben in den USA persönlich herausfordernd und das Studium anspruchsvoll. Gleichzeitig ist beides sehr bereichernd und macht zudem großen Spaß. Speziell die hohe Lebensqualität und das Studieren an einem außergewöhnlich schönen Campus in einer familiären Atmosphäre machen die Zeit unvergesslich.
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