Study where the laws are made!
Erfahrungsbericht zum LL.M.-Studium am Georgetown University Law Center (2024/2025)
Für mich war der LL.M. nach dem ersten Staatsexamen die perfekte Möglichkeit, um nach der langwierigen Examensvorbereitung „über den Tellerrand hinauszuschauen“. Gerade für Juristen, die daran interessiert sind, einer internationalen Tätigkeit nachzugehen, ist Georgetown eine besonders gute Wahl.
Inhalt
Bewerbung und Finanzierung des LL.M.-Studiums
Wer mit dem Gedanken spielt, einen LL.M. zu absolvieren, sollte frühzeitig mit der Vorbereitung beginnen und genügend Zeit, Nerven und ehrlicherweise auch Geld bereithalten, das schon für die Bewerbung aufgewendet werden muss. Für ein im August des folgenden Jahres beginnendes LL.M.-Studium läuft für die meisten „großen“ Stipendien bereits im davorliegenden September die Bewerbungsfrist ab und viele der law schools erwarten das Eingehen aller Bewerbungsunterlagen bis Dezember. Diese können zwar größtenteils in einem Internetportal eingereicht werden, müssen aber zum Teil tatsächlich postalisch in die USA geschickt werden. Dementsprechend lohnt es sich, nicht nur früh genug den Kontakt zu Professoren zu suchen, deren Unterstützung durch Empfehlungsschreiben für einen LL.M. unerlässlich ist, sondern sich zudem möglichst frühzeitig um einen Termin für einen TOEFL-Sprachtest zu kümmern und sich mit dem aufwendigen Prozess einer Bewerbung um ein U.S.-Visum auseinander zu setzen.
Was die Bewerbung an den U.S.-Unis anbelangt, ist neben den Empfehlungsschreiben (die nicht unbedingt auf eine konkrete Uni zugeschnitten sein müssen) das Motivationsschreiben mit Abstand am wichtigsten. Hier sollte man es vermeiden nur allgemein die Gründe für den Auslandsaufenthalt zu beschreiben und sich möglichst spezifisch damit auseinandersetzen, warum man genau an diese Uni, in dieses Programm und in die Kurse dieser Professoren möchte. Auch wenn es für deutsche Jura-Studierende eine eher ungewohnte Betrachtungsweise ist, kommt es an dieser Stelle ebenfalls darauf an, der Uni zu demonstrieren, inwiefern man durch seinen bisherigen Lebensweg und seine Erfahrungen und Interessen dazu geeignet ist, die besuchten Kurse und die law school generell zu bereichern.
Als sehr an Politik und internationalen Beziehungen interessierter Mensch war der Gedanke eines LL.M.-Studiums in Washington, D.C., für mich von Anfang an ausgesprochen reizvoll. Obwohl die Studiengebühren in Georgetown auf den ersten Blick recht hoch erscheinen (etwa $85,000), ist die Uni für eine „T14“ verhältnismäßig großzügig mit den Stipendien. Für mich war es dank eines „merit scholarships“ von Georgetown und zusätzlicher Unterstützung durch die Studienstiftung möglich, den Traum vom LL.M. in den USA wahr werden zu lassen.
Das LL.M.-Programm am Georgetown University Law Center
Das LL.M.-Programm an der Georgetown University ist vergleichsweise groß. In meinem Jahrgang haben beispielsweise mehr als 450 Kandidaten aus aller Welt einen LL.M. erworben. Wählen kann man dabei aus insgesamt acht verschiedenen degree programs: Environmental and Energy Law, General Studies, International Business and Economic Law, International Legal Studies, National and Global Health Law, National Security Law, Taxation und Technology Law and Policy. Auch die Auswahl an Kursen ist sehr vielfältig. Georgetown rühmt sich damit, den LL.M.-Kandidaten jedes Jahr mehr als 300 verschiedene Kurse anzubieten, in denen diese oftmals mit J.D.-Studierenden gemeinsam lernen. Besonderen Wert legt die Uni außerdem darauf, den Studierenden durch „experiential learning“ die Möglichkeit zu geben, schon während des Studiums Einblicke in die praktische Arbeit als Jurist im jeweiligen Tätigkeitsfeld zu erhalten. Entsprechend groß ist das Angebot an externships, practicum courses, legal clinics und moot courts, durch die man während des LL.M. eine gewisse Anzahl an credits erwerben kann.

Ich persönlich habe den LL.M. in International Legal Studies absolviert und gleichzeitig ein Zertifikat in International Human Rights Law erworben. Gerade auf dem Gebiet des internationalen Rechts hat Georgetown in den USA nicht umsonst einen wirklich exzellenten Ruf. Besonders gefallen hat mir, dass die Uni ganz offensichtlich Kapital aus ihrem Sitz in der Landeshauptstadt schlägt und deshalb eine Großzahl an Kursen von „adjunct professors“ angeboten wird, die z.B. als praktizierende Anwälte oder als hochrangige Rechtsberater in Ministerien nicht nur in der Lage sind, das theoretische Wissen zu vermitteln, sondern zusätzlich während des Unterrichts äußerst spannende Einblicke in ihre Arbeit geben können. Darüber hinaus muss natürlich betont werden, dass das Jura-Studium in den USA nicht nur grundsätzlich anders funktioniert als in Deutschland (readings, cold calls, assignments etc.), sondern dass auch das Verhältnis der Professoren zu den Studierenden ein ganz anderes ist als an der durchschnittlichen deutschen Jura-Fakultät. Die Kurse sind oftmals auf eine kleinere Teilnehmerzahl beschränkt und die Professoren scheinen ehrlich daran interessiert, ihre Studierenden kennenzulernen und den Lehrplan entsprechend deren Interessen anzupassen. So ist mir z.B. besonders positiv in Erinnerung geblieben, dass ich schon mehrere Wochen bevor meine Kurse im August 2024 überhaupt begannen, eine E-Mail von einem meiner Völkerrechtsprofessoren bekam (immerhin ein international äußerst renommierter Veteran des U.S. State Department), der jeden einzelnen Kursteilnehmer bat, sich kurz vorzustellen und ihm mitzuteilen, welche Erwartungen man an den Kurs bei ihm hat. Ein weiterer wichtiger Teil des „student-professor“-Verhältnisses sind außerdem die „office hours“, die wahrzunehmen man regelrecht ermutigt wird. Hier hat man nicht nur die Chance, im persönlichen Gespräch gegebenenfalls Fragen zum Vorlesungsmaterial zu klären, sondern kann zudem „career advice“ oder sonstige Ratschläge einholen.
Hervorzuheben ist im Übrigen die große Anzahl und Vielseitigkeit der extracurricularen Aktivitäten, von denen man am Anfang zugegebenermaßen fast schon ein wenig „erschlagen“ wird. Wer das wollte, könnte mehr oder weniger jeden Tag an mehreren interessanten Veranstaltungen teil- und das jeweils dazugehörige Catering mitnehmen. Hier ist wirklich für jeden etwas dabei und insbesondere für Politik- und International-Relations-Nerds hält Georgetown einiges bereit. Für mich war es besonders spannend, an zahlreichen Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen mit Kongressabgeordneten, Regierungsvertretern oder Mitarbeitern Internationaler Organisationen teilzunehmen oder sonstige Sessions zu Entscheidungen des U.S. Supreme Court beziehungsweise aktuellen (inter-)nationalen Entwicklungen zu besuchen. Sehr gut in Erinnerung geblieben sind mir etwa die Events mit Hillary Clinton, Doug Emhoff und Chief Justice John Roberts. Da Georgetown wie erwähnt großen Wert darauf legt, den Studierenden einen möglichst erfolgreichen Start ins Berufsleben zu ermöglichen, muss an dieser Stelle auch noch das Office of Graduate Careers erwähnt werden, das die Studierenden nicht nur jede Woche auf Stellenausschreibungen, Praktika und Jobmessen aufmerksam macht, sondern daneben ebenfalls intensive individuelle Beratungen zu jeweiligen Karrieremöglichkeiten anbietet.
Insgesamt bekommt man als LL.M.-Kandidat in Georgetown also eine ganze Menge geboten. Das Studium selbst ist zwar nicht anspruchslos, aber nicht mit der Vorbereitung auf das deutsche Staatsexamen zu vergleichen. Insbesondere die Möglichkeit aus einer großen Vielzahl an verfügbaren Kursen ganz nach persönlichen Interessen zu wählen, macht es darüber hinaus wirklich leicht, die gewählten Kurse dann auch hochmotiviert anzugehen.
Georgetown Campus: Capitol & Hilltop
Zum Aufbau der Georgetown University ist es wichtig zu wissen, dass die law school räumlich vom übrigen Campus der Uni separiert ist. Während die eigentliche Uni im Stadtteil Georgetown liegt (der sogenannte „Hilltop Campus“), ist die law school zusammen mit Gebäuden der Georgetown McCourt School of Public Policy Teil des „Capitol Campus“, der sich in Downtown Washington befindet. Die beiden Campus sind durch von der Uni bereitgestellte, mehrmals täglich fahrende Shuttles verbunden und die Fahrt vom einen zum anderen dauert etwa 40 Minuten. Auch als Student der law school lohnt sich der Besuch des Hilltop jedoch sehr. Das liegt nicht nur daran, dass der Hauptcampus mit seinem schlossartigen Hauptgebäude, einer prächtigen Bibliothek und einem Sportstadion unweigerlich Assoziationen mit dem aus U.S.-Filmen bekannten „college life“ weckt, sondern zusätzlich an seiner Lage im noblen Vorort Georgetown, in dem man aufgrund der vielen dort liegenden schicken Cafés und Geschäfte sehr gut den einen oder anderen Nachmittag verbringen kann.

Der Capitol Campus hingegen befindet sich zur Zeit im Umbau. Einige der Gebäude der law school sind mittlerweile etwas in die Jahre gekommen. Am auffälligsten ist das wohl beim Gewirz Student Center, dem direkt auf dem Capitol Campus gelegenen Wohnheim. Hier bekommt man zwar auch als LL.M.-Student ohne große Probleme eine Wohnung (i.d.R. zusammen mit einem Mitbewohner), es hat aber seine besten Zeiten hinter sich (so funktioniert z.B. die Klimaanlage hin und wieder nicht richtig und viele der vorhandenen Möbel sind merklich abgenutzt) und soll deshalb in den nächsten Jahren auch abgerissen und durch ein neues Gebäude ersetzt werden. Nichtsdestotrotz kann man seinen Studienalltag auf dem Capitol Campus sehr gut verbringen. Obwohl die Klassenräume ebenfalls nicht alle nagelneu sind, verfügen sie trotzdem über eine technische Ausstattung, die der vieler deutscher Unis wohl überlegen ist. Außerdem finden auch Sportliebhaber auf dem law school Campus genügend Raum für einen angemessenen Ausgleich vom Studium, sei es im Gym, auf dem Basketball- bzw. Squash-Platz oder im zur law school gehörenden Indoor-Pool. Im Übrigen hat die Uni in den letzten Jahren sehr viel Geld in die Hand genommen, sodass in der Umgebung schon während meines Studiums einige hochmoderne Gebäude entstanden sind und in den nächsten Jahren noch einige neue dazu kommen werden. Wie der Name schon sagt, besticht aber auch der Capitol Campus durch seine Lage. Er befindet sich nur wenige Straßen vom Regierungsbezirk entfernt und, man kann es nicht anders sagen, nach einem Tag in der Uni-Bibliothek mal eben noch einen Spaziergang zum Capitol Hill oder über die National Mall machen zu können, ist einfach eine ziemlich coole Erfahrung.
Washington, D.C. & Umgebung
Während des LL.M. lohnt es sich definitiv, gut organisiert zu sein und sich die Zeit einzuteilen, um möglichst viel von der Universitätsstadt und vom Land insgesamt zu sehen. Washington allein hat als Landeshauptstadt schon sehr viel zu bieten. Neben den klassischen Sehenswürdigkeiten (etwa Kapitol, Supreme Court, Washington Monument, Lincoln Memorial etc.) sind hier vor allem die zahlreichen kulturellen Angebote zu nennen wie das Kennedy Center und die zur Smithsonian Institution gehörenden Museen, zu denen der Eintritt frei ist und die ganz hervorragend geeignet sind, um sich an einem schwülen Sommertag die Zeit zu vertreiben. Auch wenn viele der Sehenswürdigkeiten von der law school aus ohne Probleme fußläufig erreichbar sind, ist ein weiterer Vorteil von Washington das sehr gut ausgebaute ÖPNV-System. Als Georgetown-Student kann man hier mit guten Chancen an einem Programm teilnehmen im Rahmen dessen Ticket-Guthaben für den ÖPNV verlost werden, was nicht nur hilft, längere Strecken zurückzulegen, sondern auch das Budget zu schonen – denn wie in allen U.S.-Großstädten sind die Lebenshaltungskosten in Washington recht hoch.

Im Übrigen ist Washington mit seiner zentralen Ostküsten-Lage ebenfalls ein wirklich guter Ausgangspunkt, um die USA zu erkunden. Dank guter Amtrak-Anbindungen beziehungsweise mit dem Flixbus ist es ohne Probleme möglich, in der Nähe gelegene oder aber auch weiter entfernte Städte (z.B. Baltimore, Philadelphia, New York, Boston) als Tages- oder als Wochenendausflug zu entdecken. Und wenn es einen dann einmal in die Natur zieht, bietet es sich an, Richtung Virginia oder West Virginia zu reisen, wo man (insbesondere im Herbst – Stichwort: Indian Summer) ganz hervorragend wandern kann.

Fazit
Insgesamt kann ich den LL.M. an der Georgetown University uneingeschränkt empfehlen. Geboten wird einem hier eine Mischung aus akademischer Exzellenz, individueller Betreuung, Nähe zu Praxis und Politik sowie einer riesigen Auswahl an Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, die das Studium zu einer äußerst bereichernden Erfahrung macht. Wer also Lust hat auf ein unvergessliches Jahr mit reichlich „House of Cards feeling“ inklusive, sollte mit der Bewerbung besser nicht allzu lange warten!
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