A D.C.-infused education – Erfahrungsbericht zum LL.M.-Studium an der George Washington University Law School (2022/2023)

Veröffentlicht am 21.6.2023

Anna Theresia Hebestreit, LL.M. (GWU)

Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Gleiss Lutz, Düsseldorf

Die George Washington University (GWU) Law School wirbt mit einer „D.C.-infused education“ und verspricht nicht zu viel. Die Vorzüge der Lage im Herzen einer der wichtigsten Städte der Welt wird im Rahmen der vielfältigen LL.M.-Programme an der ältesten Law School der Hauptstadt optimal genutzt.

Inhalt

Warum GWU?

Für mich stand sehr schnell fest, dass ich den LL.M. gerne in Washington, D.C. machen möchte: Da mich insbesondere das US-Verfassungsrecht, aber auch politische und historische Hintergründe interessieren, war die Stadt einfach „the place to be“. Auch nach mehreren Monaten war es für mich immer noch ein besonderes Gefühl, täglich von gewichtigen Institutionen wie dem Supreme Court, dem Congress oder dem Weißen Haus umgeben zu sein.

Für die George Washington University habe ich mich auch deshalb entschieden, da ich den Kontakt im Rahmen des Bewerbungsverfahrens sehr nett und engagiert fand. Ich habe den Eindruck einer recht familiären Atmosphäre bekommen, welcher sich vor Ort auch bestätigt hat. Generell waren die Ansprechpartner im Vorfeld sehr bemüht.

Front des Hauptgebäudes der Law School
Front des Hauptgebäudes der Law School

Bewerbungsverfahren und Finanzierung

Zum Bewerbungsverfahren via LSAC habe ich lediglich den Tipp, sich nicht wahllos an zu vielen Universitäten zu bewerben, um auf Nummer sicher zu gehen, sondern lieber etwas selbstbewusster an die Sache heranzugehen. Durch ein paar Bewerbungen als „Reserve“ habe ich unnötig viel Geld ausgegeben, da jede Bewerbung extra kostet. Ansonsten ist das Bewerbungsverfahren über LSAC ein mehr oder weniger gut funktionierendes System, welchem man leider ausgeliefert ist.

Die Finanzierung des LL.M. wurde mir durch ein Stipendium der Universität erleichtert. Eine separate Bewerbung war hierfür nicht nötig, man wurde automatisch mit der Bewerbung um den Studienplatz auch für das Stipendium berücksichtigt.

Blick über die National Mall vom Washington Monument aus aufgenommen
Blick über die National Mall vom Washington Monument aus aufgenommen

Wohnungssuche und Lage

Die Wohnungssuche hat mich im Rahmen der Vorbereitungen definitiv die meisten Nerven gekostet. Ich fand den Gedanken, in ein anderes Land zu gehen, ohne zu wissen, wo ich wohnen werde, etwas beunruhigend. Daher habe ich mich bemüht, schon von Deutschland aus eine Unterkunft zu organisieren, um eine gewisse Sicherheit zu haben.

Zu Beginn der Suche rate ich, sich über die Sicherheit in den jeweiligen Neighborhoods zu informieren, man sollte sich schließlich wohl fühlen. Ich habe dafür die Website „Veryapt“ benutzt. Dort gibt es ausführliche „Safety Maps“ für die meisten Großstädte.

Die Wohnung, in der ich schlussendlich untergekommen bin, habe ich über Airbnb gefunden. Dies hatte den Vorteil, dass ich sie dort direkt „buchen“ konnte, ohne eine Kaution zu zahlen oder eine Bonitätsprüfung durchlaufen zu müssen. Vor Ort habe ich dann aber zusätzlich noch einen „richtigen“ Mietvertrag unterzeichnet. Ich hatte eine möblierte Einzimmerwohnung in einem Apartmentkomplex namens „River Place“, welchen ich nur wärmstens empfehlen kann.

Die Wohnung befand sich in Rosslyn, einem Stadtteil von Arlington, Virginia. So war ich zwar nicht direkt in D.C. untergebracht, aber trotzdem besser an die Uni angebunden als die meisten anderen Studierenden. Rosslyn ist eine Metrohaltestelle vom Foggy Bottom Campus entfernt und es fahren im Minutentakt die drei Haupt-Metrolinien von dort ab (allgemein ist der ÖPNV in D.C. für US-Verhältnisse gut ausgebaut/vernetzt und funktioniert weitestgehend zuverlässig). Zu Fuß oder mit dem Rad war man ebenfalls in minutenschnelle im Viertel Georgetown und auch die National Mall war via Radweg sehr schnell zu erreichen. Obwohl ich nur durch eine Brücke von D.C. getrennt war, hat es sich preislich bereits bemerkt gemacht, „nur“ in Virginia zu leben. Aufgrund der perfekten Anbindung hatte ich – entgegen anfänglicher Befürchtungen – nie das Gefühl, durch das Wohnen in Virginia etwas verpasst zu haben.

Charakteristischer Blick auf die Stadt inkl. Washington Monument
Charakteristischer Blick auf die Stadt inkl. Washington Monument

LL.M.-Programme, Studieninhalte und Unileben

Die GWU bietet diverse spezialisierte LL.M.-Programme an (u.a. Environmental Law, Government Procurement Law, Business & Finance, Intellectual Property Law und National Security). Es gibt aber auch einen General LL.M., für welchen ich mich entschieden habe. Mir war die damit verbundene Flexibilität und die Möglichkeit wichtig, sich Veranstaltungen aus verschiedenen Bereichen auszusuchen, die teilweise in keinem engeren Zusammenhang standen. Ich habe Kurse aus dem verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Spektrum besucht, das US-Vergaberecht kennengelernt, einen Überblick über Cybersecurity und die damit verbundenen technischen Hintergründe erhalten, ein Seminar zum Internetrecht belegt und mein Research Paper in US-Legal History geschrieben.

Ein großer Pluspunkt war für mich die große Diversität der Lehrenden an der George Washington University Law School. Aufgrund der Lage kommt hinzu, dass einige interessante Persönlichkeiten an der Uni eine Vorlesung neben ihrer regulären Tätigkeit halten. Mein Constitutional Law Professor war beispielsweise ein Richter am United States Court of Appeals for the Armed Forces. Zudem fanden regelmäßig interessante Events statt, bei denen man Spezialisten in teils hochrangigen Positionen kennenlernen durfte. Dieser Vorteil spiegelt sich auch in dem hochkarätigen Alumni-Netzwerk der Universität wider. Die Nähe zu den zahlreichen Behörden und Gerichten bietet Interessierten zudem die Möglichkeit, dort Erfahrungen im Rahmen eines Praktikums zu sammeln.

Eines meiner größten Highlights während der LL.M.-Zeit war ein Vortrag des seit 2022 im Ruhestand befindlichen ehemaligen Richter am Supreme Court Stephen Breyer mit anschließendem persönlichen Treffen, bei dem ich ein paar Worte mit ihm wechseln konnte.

Das Gemeinschaftsleben an der Law School ist sehr abwechslungsreich und aktiv gewesen, denn regelmäßig fanden auch nicht-juristische Events statt, die zum geselligen Austausch einluden. Großer Beliebtheit erfreute sich z.B. das wöchentlich stattfindende „Bar Review“, mit welchem am Donnerstag das Wochenende eingeläutet wurde. Die Stimmung unter den rund 100 internationalen LL.M.-Studierenden war immer sehr gut, es war einfach eine tolle Truppe.

George Washington Statue im Innenhof der Law School, hier geschmückt für ein Campus-Festival
George Washington Statue im Innenhof der Law School, hier geschmückt für ein Campus-Festival

Washington, D.C. und Umgebung

In D.C. wird es auf keinen Fall langweilig. Es gibt eine unerschöpfliche Fülle von kulturellen Veranstaltungen. Zahlreiche Museen können kostenfrei besucht werden. Praktisch das ganze Jahr über finden dank der örtlichen Eishockey-, Basketball-, Football- und Baseballmannschaft typisch amerikanische Sportevents statt.

Daneben fand ich auch die Natur überraschend grün und einladend. Entlang des Potomac River habe ich sehr gerne Radtouren auf dem „Mount Vernon Trail“ unternommen.

Die Lage der Stadt ist zudem ideal um zu Reisen. Von den Flughäfen Dulles International Airport, Reagan National Airport und dem per Amtrak erreichbaren Baltimore/Washington International Airport aus kann man vermutlich die meisten Ziele innerhalb der USA erreichen.

Für Reisen nach New York und Philadelphia bietet sich eine Zug- oder Busfahrt an. Die strategisch gute Lage in der Nähe dieser beiden, im Gegensatz zu D.C. eher klassischen US-Großstädte, hat mich zusätzlich in meiner Entscheidung, den LL.M. in Washington zu absolvieren, bestärkt.

Der Great Falls Park ist gleich um die Ecke und der nächstgelegene große Nationalpark ist der Shenandoah National Park.

Great Falls Park, Virginia
Great Falls Park, Virginia

Fazit

Die zehn Monate in Washington, D.C. und Umgebung möchte ich nicht missen. Der LL.M. hat mich nicht nur akademisch, sondern aufgrund der Möglichkeit, mit so vielen Menschen aus verschiedenen Ländern und Lebensbereichen in Kontakt zu treten, auch persönlich sehr bereichert. Meine Erwartungen an D.C. und die George Washington University Law School wurden vollends erfüllt und sogar übertroffen.

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