Purple Pride! – Erfahrungsbericht zum LL.M.-Studium an der Northwestern University Pritzker School of Law (2022/2023)
Laura Dürr, LL.M. (Northwestern)
Der LL.M. in den USA war für mich persönlich ein lange gehegter Traum, den ich mir im Studienjahr 2022/2023 an der Northwestern University Pritzker School of Law in Chicago erfüllen konnte. Sowohl in akademischer und als auch in persönlicher Hinsicht kann ich einen LL.M. in den USA nur wärmstens empfehlen.
Inhalt
Bewerbung und Finanzierung des LL.M.-Studiums
Die Bewerbung für den LL.M. sollte rechtzeitig geplant werden, da sie recht aufwendig ist und die Bewerbungsfristen für viele Universitäten in den USA bereits im Dezember des vorangehenden Jahres enden. Alle Zeugnisse müssen übersetzt und in einem versiegelten Umschlag von der Universität bzw. dem Justizprüfungsamt an das Law School Admission Council (LSAC) versendet werden. Zudem verlangt die Northwestern University zwei Empfehlungsschreiben von ProfessorInnen und aktuellen oder ehemaligen ArbeitgeberInnen. Je nach Universität kommen dann noch Auswahlgespräche hinzu. Bei der Northwestern University fand dieses in Form eines virtuellen Interviews statt.
Nachdem ich meine Bewerbung im November 2021 abgeschickt hatte, erhielt ich die Zusage bereits im Januar 2022, sodass sich mir eine gewisse Planungssicherheit bot. Die BewerberInnen haben aber bis Mai Zeit den angebotenen Studienplatz anzunehmen, sodass man auch noch die Rückmeldung anderer Universitäten abwarten kann.
Hinsichtlich der Finanzierung des LL.M.-Studiums gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine Option ist die Inanspruchnahme eines LL.M.-Bildungsfonds. Zusätzlich ist es sinnvoll, sich für diverse Stipendienprogramme zu bewerben. Die Northwestern University selbst bietet auch universitätsinterne, sogenannte „merit scholarships” an, um Studierende zu unterstützen. Diese werden fast zeitgleich mit den Zusagen ausgesprochen und sind oftmals noch nachverhandelbar. Insbesondere wenn ein höheres Stipendium von einer anderen Universität vorliegt, sind die Universitäten gelegentlich bereit nachzuziehen.
Das LL.M.-Programm an der Northwestern University
Das LL.M.-Programm an der Northwestern University umfasst circa 140 Studierende. Wir waren insgesamt nur drei Deutsche im Programm, was ich als Vorteil angesehen habe, da so ein enger Kontakt zu den amerikanischen und internationalen Studierenden entstanden ist.
Die Northwestern University bietet sowohl einen General LL.M. als auch einen LL.M. in International Human Rights an. Ich hatte mich für den General LL.M. entschieden, bei welchem die Studierenden eine große Auswahl an Kursen haben. Besonders hervorzuheben ist, dass fast alle Vorlesungen und Seminare frei wählbar sind und ich so Vorlesungen wie Business Associations oder Labor Law ausschließlich mit amerikanischen Studierenden belegen konnte. Sehr empfehlenswert ist auch die Contracts-Vorlesung, welche einen interessanten Einblick in das common law liefert. Generell weist die Northwestern University eine starke wirtschaftliche Ausrichtung auf. Einer der ausschlaggebenden Punkte für mich war, dass ich die Kurse Investment Banking und Private Equity an der renommierten Kellogg School of Management belegen durfte. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, von der Expertise der Business School zu profitieren und meine Kenntnisse in Bereichen zu vertiefen welche nicht zur klassischen juristischen Ausbildung zählen.
Die Vorlesungen waren in der Regel relativ klein, mit etwa 30 bis 50 Studierenden, während die Seminare maximal 20 Teilnehmende umfassten. Dadurch entstand eine angenehme Lernatmosphäre, und ein aktiver Austausch mit dem ProfessorInnen war sehr erwünscht. Auch das unter Studierenden oftmals gefürchtete „cold calling” empfand ich durch die positive Atmosphäre nie als unangenehm, sondern immer als Gelegenheit, sich in juristischer Denkweise und Argumentation zu üben. Nicht unerwähnt bleiben darf die Bibliothek des Chicagoer Campus, welche sehr modern ist und einen großartigen Blick auf den Lake Michigan bietet, der das Lernen gleich viel angenehmer macht.
Das Studentenleben an der Northwestern University und in Chicago
Das Studentenleben an der Northwestern University begann mit einer Orientation Week einige Tage vor dem offiziellen Vorlesungsstart. Diese Woche ist eine gute Gelegenheit, um die künftigen KommilitonInnen kennenzulernen und sich mit dem Campus und der Stadt vertraut zu machen.
Die juristische Fakultät der Northwestern University befindet sich direkt in Downtown Chicago, während der Hauptcampus in Evanston liegt. Die Streeterville genannte Gegend bietet viele Restaurants, Bars und Cafés in fußläufiger Umgebung. Ein Highlight war die Nähe zum Lake Michigan welcher zum Spazieren gehen, joggen oder Volleyball spielen einlädt.
Die Universität bietet leider keine eigenen Unterkünfte an. Dennoch wohnen fast alle Studierenden in Campusnähe. Die Apartmenthäuser „Arrive Streeterville” und „Axis” liegen fußläufig ca. fünf Minuten vom Campus entfernt und werden gerne von LL.M.s genutzt. Dadurch entsteht eine lebendige Gemeinschaft und es ist einfach, sich mit KommilitonInnen zu treffen und an universitären Aktivitäten teilzunehmen.
Der Winter in Chicago kann sehr kalt sein, da die „windy city” für ihre eisigen Temperaturen und Schneestürme bekannt ist. Dennoch bietet auch der Winter die Möglichkeit für viele Aktivitäten wie den Besuch eines Basketballspiels der Chicago Bulls, Schlittschuhlaufen im Millennium Park oder einen Besuch des berühmten Christkindlmarkts.
Fazit
In der Gesamtschau kann ich den LL.M. an der Northwestern University uneingeschränkt empfehlen. Er war sowohl in fachlicher als auch in persönlicher Hinsicht ungemein bereichernd und hat mir eine neuer Perspektive auf das juristische Feld ermöglicht. Im Rückblick war es für mich genau die richtige Entscheidung, den LL.M. erst nach dem 2. Staatsexamen zu absolvieren. Dadurch konnte ich mich gedanklich komplett auf das amerikanische Rechtssystem einlassen, ohne das anstehende Referendariat im Hinterkopf zu haben. Ganz egal, zu welchem Zeitpunkt sich Interessierte dann aber letztendlich für einen LL.M. entscheiden ist solch ein Auslandsjahr eine unvergessliche Erfahrung, zu der ich nur jeden ermutigen kann.
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