Home | LL.M.-Erfahrungsberichte Paul Schiering: Stanford Law School (2024/2025)

Die Westküsten-Universität mit dem deutschen Motto

Erfahrungsbericht zum LL.M.-Studium an der Stanford Law School (2024/2025)

Veröffentlicht am 26.6.2025

Paul Schiering, LL.M.oec., LL.M. (Stanford)

Doktorand und Rechtsreferendar

„Die Luft der Freiheit weht.“ So heißt es nicht nur in deutscher Sprache auf dem Wappen der Stanford Universität, sondern dieser Satz fasst das Gefühl im Silicon Valley zu leben und zu studieren treffend zusammen.

Inhalt

Bewerbungsverfahren und Entscheidung für Stanford

Nachdem ich mein erstes Staatsexamen abgeschlossen hatte, war ich mir sicher in der Zukunft noch einen LL.M. absolvieren zu wollen. Mit Beginn meines Promotionsvorhabens wurde klar, dass das Jahr im Ausland noch vor Beginn des Referendariats stattfinden sollte. Dadurch wollte ich mir selbst die Zeit geben, unter Ausnutzung der umfangreichen Ressourcen einer US-amerikanischen Universität die letzten Feinheiten meiner Dissertation zu bearbeiten und gleichzeitig meinen Erfahrungshorizont außerhalb der deutschen Juristenausbildung zu erweitern. Daher bewarb ich mich nur an Law Schools, an denen Professor:innen tätig sind, mit deren Veröffentlichungen ich mich bereits im Rahmen meiner Dissertation befasst hatte. Dadurch hatte ich für die Motivationsschreiben jeweils auch einen Anhaltspunkt, um sie individuell an die einzelnen Universitäten anzupassen.

Der Bewerbungsprozess für Stanford erfolgte wie für die anderen Universitäten über LSAC. Ich musste zusätzlich einen Betreuungsnachweis meiner Promotion spezifisch für Stanford einreichen, welcher vom Admissions Office glücklicherweise auch per einfacher E-Mail akzeptiert wurde. Dann hieß es Warten. Auf Stanford wartete ich am längsten, da sie traditionell zu den Universitäten gehört, die sich am spätesten melden. Als mir meine Zulassung mitgeteilt wurde, war ich bereits an einer anderen Universität eingeschrieben und hatte dort schon den Deposit geleistet, welcher nicht zurückgewährt wurde. Dies sollte man bedenken, wenn man Stanford als priorisiertes Ziel ansieht.

Das LL.M.-Programm im internationalen Wirtschaftsrecht – „The Other Program“

Das LL.M.-Studium an der Stanford Law School (kurz: SLS) beginnt mit einer Orientierungswoche, welche man mit den J.D.-Studienanfängern gemeinsam verbringt. Während dieser Woche gibt es eine ganze Reihe gemeinsamer Aktivitäten und Essen, um die neuen Studienkollegen kennenzulernen und erste Freundschaften zu schließen. Es ist der perfekte Auftakt, da schon nach dieser kurzen Zeit ein Gemeinschaftsgefühl entstanden ist.

Blick auf die Law School
Blick auf die Law School

Anschließend folgen zwei Wochen, die wohl am abschreckendsten im Vergleich zu den restlichen 10 Monaten wirken. In diesen zwei Wochen besucht man verpflichtend jeden Tag eine dreistündige Vorlesung in American Law am Vormittag und eine dreistündige Vorlesung in Professional Responsibility am Nachmittag. Zwar ist diese Zeit sehr intensiv und fordernd, da man ja gerade erst angekommen ist, jedoch sind diese Kurse notwendig, um das New Yorker Bar Exam schreiben zu können. Indem man beide Kurse innerhalb kürzester Zeit absolviert, bleibt mehr Zeit und Raum in den restlichen Quartern die Kurse zu wählen, die zum eigenen inhaltlichen Schwerpunkt passen.

Nachdem diese Einführungswochen geschafft sind, beginnt das Herbst-Quarter für alle Jurastudierenden und die Law School füllt sich merklich. Dies ist relevant, da es keine Kurse speziell für LL.M.-Studierende gibt, sondern alle Veranstaltungen zusammen mit den US-amerikanischen Studierenden besucht werden. Ich fand dies aus zweierlei Gründen angenehm. Zum einen wird es dadurch ermöglicht, eine authentische Erfahrung zu erhalten, wie es ist, in den USA Jura zu studieren. Zum anderen war es für mich interessant anhand der Wortbeiträge der US-amerikanischen Studierenden zu erleben, wie sie Recht erlernen und verstehen.

Blick von der Law School auf den Hoover Tower
Blick von der Law School auf den Hoover Tower

Das LL.M.-Programm mit ca. 80 Studierenden weist vier Spezialisierungen auf: (1) Corporate Governance and Practice (Schwerpunkt Gesellschaftsrecht, M&A; kurz: CGP), (2) Law, Science und Technology (Schwerpunkt IP und IT; kurz: LST), (3) Environmental Law and Policy (Schwerpunkt Umwelt- und Klimaschutz; kurz: ELP), und (4) International Economic Law, Business and Policy (Schwerpunkt internationales Wirtschaftsrecht; kurz: IELBP). Daneben gibt es noch das sehr kleine SPILS-Programm, welches dazu dient, sich auf eine Promotion in den USA vorzubereiten. 

Ich war Teil des IELBP-Jahrgangs. Aufgrund des sperrigen Akronyms nannte unser Professor für American Law die IELBP-Studierenden nur „the other program.“ Zugegebenermaßen hatte ich manchmal das Gefühl als IELBP-Student tatsächlich lediglich in „the other program“ zu sein, da es wünschenswert gewesen wäre, mehr Kurse zum internationalen Wirtschaftsrecht zur Auswahl zu haben. Es ist nicht so, dass die Auswahl in der Gesamtschau nicht groß genug wäre, jedoch gab es eine ganze Reihe von lediglich einführenden bzw. einen Überblick gewährenden Veranstaltungen. Ich, sowie einige andere IELBP-Studierende, hätten sich vertiefende und sich auf einzelne Aspekte konzentrierende Kurse beispielsweise im Welthandelsrecht, der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit oder dem Wettbewerbs- und Kartellrecht gewünscht. Dies ist der SLS jedoch bekannt und wurde von uns ebenfalls als Feedback gespiegelt. Daher arbeitet die SLS auch aktiv darauf hin, Änderungen vorzunehmen, und befindet sich im Prozess, weitere Dozierende für eben solche Veranstaltungen an die Fakultät zu holen.

Ein kleines Paradies – Der Campus und die Bay Area

Was mich am nachhaltigsten beeindruckt hat, war die schiere Lebensqualität in der Bay Area sowie die Schönheit und Größe des Campus. Fast ganzjährig lädt das Wetter rund um San Francisco zu Outdoor-Aktivitäten ein. Nordkalifornien bietet mit seiner Landschaft und Natur dazu auch die perfekten Bedingungen. Stanford ist umgeben von (zumindest im Winter grünen) Hügeln und der Pazifik mit schönen Küstenstädtchen ist eine 30-minütige Autofahrt entfernt. Die Universität bietet mit dem Stanford Dish einen eigenen ca. 7 km langen Wanderpfad, welcher sich um die Radioteleskope schlängelt, die zur Kommunikation mit den Voyager-Sonden verwendet wurden. Jedoch kann man sich aufgrund seiner Größe auch auf dem Campus zwischen den Hörsaalgebäuden und Laboren leicht verlaufen. Diese sind Großteils am spanischen Kolonialstil angelehnt und durchweg modern ausgestattet. Der ganze Campus lädt ferner zum Verweilen im Freien ein. Überall sind unterschiedliche Sitzmöglichkeiten vorzufinden, sodass ich oft die Kursaufgaben unter Palmen erledigen konnte. Des Weiteren sind aber auch die Technik, Ausstattung und Sauberkeit der Law School ebenfalls herauszuheben.

Old Union
Old Union

Die meisten Jurastudierenden – mich eingeschlossen – wohnen in einem Wohnheim gegenüber der Law School, der Munger Graduate Residence, sodass der Weg in die Vorlesung oder zur Bibliothek sehr kurz ist. Die Miete war für die Bay Area im Durchschnitt, jedoch im Vergleich zu Deutschland ausgesprochen hoch. Ebenfalls sind die sonstigen Lebenshaltungskosten – vom Kaffee über den Einkauf im Supermarkt und den Restaurantbesuch – beachtlich. Dies sollte bei der Budgetierung und Kostenkalkulation vor Antritt des Studiums bedacht werden. Die Modellrechnung, welche von der SLS jährlich aktualisiert veröffentlicht wird, bietet aber einen guten und relativ genauen Anhaltspunkt.

Stanford Main Church
Stanford Main Church

Fazit

Wer sehr gute Lehre, vielleicht sogar noch besseres Wetter, Campusleben und allgegenwärtigen Gründergeist erleben möchte, ist in Stanford perfekt aufgehoben. Insbesondere wer einen natur- oder wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund neben dem Jurastudium hat, ist der Aufenthalt an der SLS aufgrund des interdisziplinären Ansatzes vollumfänglich zu empfehlen.

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