Go Bears! – Erfahrungsbericht zum LL.M.-Studium an der University of California, Berkeley School of Law (2021/2022)
Neue Horizonte, Freundschaften in aller Welt und Einblicke in eine völlig andere Rechtsordnung – das LL.M.-Studium an der University of California (UC) Berkeley im Studienjahr 2021/2022 war für mich eine in jeder Hinsicht prägende und bereichernde Erfahrung. Wer die Möglichkeit dazu hat, dem kann ich ein LL.M.-Studium im Allgemeinen und die UC Berkeley im Besonderen nur sehr ans Herz legen.
Inhalt
Wahl der Universität
Die Wahl der Universität für den LL.M. ist eine sehr individuelle Entscheidung. Für mich war von Anfang an klar, dass es nach Kalifornien gehen sollte. Außerdem war es mir wichtig, den LL.M. an einer Uni zu absolvieren, die möglichst viel Freiheit bei der Wahl der Kurse lässt und so eine individuelle Spezialisierung ermöglicht. Sehr schnell war klar, dass Berkeley mir hier die perfekten Studienbedingungen bieten würde.
Bewerbungsverfahren
Das Bewerbungsverfahren ist sicherlich der aufwendigste Teil des LL.M.-Vorhabens. Es empfiehlt sich eine frühzeitige Vorbereitung ab einem Jahr vor Beginn des Studiums. Alle Unterlagen rechtzeitig zusammenzubekommen, an LSAC versenden zu lassen, Gutachten einzufordern und Stipendienbewerbungen zu verschicken, wird irgendwann nahezu zum Vollzeitjob. Der Aufwand lohnt sich jedoch. Beim Umgang mit LSAC kann ich jedem nur raten, alle Eingangsbestätigungen zu verfolgen und im Zweifelsfall bei LSAC anzurufen, um sicherzustellen, dass alle Unterlagen beisammen sind. Aufgrund eines Fehlers bei LSAC wäre meine Bewerbung fast daran gescheitert, dass LSAC das Zeugnis meines Zweites Staatsexamens (das ich erst nach Bewerbungsschluss erhalten hatte und nachreichen musste) nicht ordnungsgemäß an die Unis weitergeleitet hatte.
Finanzierung
Die Finanzierung stellt für viele Bewerber eine große Hürde dar. Auch hier lohnt sich eine frühzeitige Planung und die Bewerbung auf möglichst viele Stipendien. Berkeley ist im Vergleich zu anderen Universitäten in Kalifornien oder an der Ostküste nicht sehr großzügig bei der Vergabe von Stipendien, da die Law School als öffentliche Uni nur über begrenzte Mittel verfügt und es aufgrund ihres guten Rufes außerdem nicht nötig hat, LL.M.-Studierende mit Stipendien zu „locken“. Die besten Chancen hat, wer sich strategisch an Ivy-League-Institutionen an der Ostküste bewirbt und dort Stipendien erhält – dann lässt Berkeley oft noch mit sich verhandeln.
Ich hatte das Glück, vom DAAD sowie von LL.M. Essentials mit einem Stipendium unterstützt zu werden, was zumindest einen Teil der Kosten abgedeckt hat.
Studium und Law School
Kurse
Bis auf zwei verpflichtende Grundlagenkurse (Fundamentals of U.S. Law und Legal Research and Writing) sind die Kurse an der Law School in Berkeley für LL.M.-Studierende frei wählbar. Ich hatte mir konkrete fachliche Ziele gesetzt, die sich in Berkeley gut erfüllen ließen: Zum einen wollte ich meine im Studium und Referendariat erworbenen Kenntnisse des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts durch entsprechende Grundlagen im US-amerikanischen Recht erweitern und vertiefen. Zum anderen wollte ich mir betriebswirtschaftliche Grundlagen aneignen, um die wirtschaftliche Seite von Unternehmenstransaktionen besser nachvollziehen zu können.
Im ersten Semester belegte ich neben den beiden Pflichtveranstaltungen die Kurse Business Associations, Corporate Finance, Venture Capital Finance und Introduction to Financial Accounting. Im zweiten Semester wählte ich Mergers & Acquisitions, Securities Regulation, Venture Capital Fund Formation, Selected Topics in Venture Capital und IPOs and Going Public Transactions.
Die Finance-Kurse stellten teilweise große Herausforderungen für mich dar, so bestand Venture Capital Finance beispielsweise fast ausschließlich aus fortgeschrittenen Excel-Modellierungen, mit denen ich anfangs nicht vertraut war. Ich wuchs jedoch sehr an diesen Herausforderungen und habe mein Ziel, wirtschaftliche Zusammenhänge besser nachvollziehen zu können, erreicht.
Hervorzuheben ist, dass viele Business-Law-Kurse von Praktikern aus der Bay Area gehalten werden, die oft sehr gerne Studierende unterrichten und ihre beruflichen Erfahrungen in den Unterricht einbringen können. So lernte ich Financial Accounting von der CFO eines bekannten Venture Capital Funds, und IPOs, Topics in Venture Capital sowie Venture Capital Fund Formation bei erfahrenen Partnern von Großkanzleien aus dem Silicon Valley. Gerade letzteren Kurs, Venture Capital Fund Formation, kann ich VC-begeisterten Studierenden nur wärmstens ans Herz legen. Der Kurs wird von einem sehr erfahrenen Partner unterrichtet, der die Practice Area „Fund Formation“ entwickelt hat und der die Grundlagen der Strukturierung von Investmentfonds hervorragend vermittelt. Das gesonderte Bewerbungsverfahren für den Kurs sollte LL.M.-Studierende nicht abschrecken, da der Lecturer sehr an internationalen Perspektiven interessiert ist.
Extracurriculars
Auch neben dem akademischen Programm bietet die Law School viele Möglichkeiten, sich einzubringen. So war ich als Supervising Editor im Berkeley Business Law Journal aktiv und leitete Teams von 5–8 Personen, um Artikel für das Journal publikationsreif zu machen. Neben der Arbeit bietet das Journal ein breites Programm an spannenden Aktivitäten, was mir den Kontakt zu J.D.-Studierenden und den Blick über den Tellerrand der LL.M.-Blase sehr erleichtert hat. Hervorzuheben ist außerdem die Vielzahl an Lunch Talks, die oft von den Journals oder der Uni selbst organisiert werden und jede Woche interessante Speaker an die Law School bringen.
LL.M.-Community
Eine Besonderheit von Berkeley ist sicherlich das Gemeinschaftsgefühl unter den LL.M.-Studierenden, das das Studium zu einer so besonderen Erfahrung macht. Meine Kommilitonen kamen buchstäblich aus aller Welt, hatten sich alle bewusst für Berkeley entschieden, und steckten sich gegenseitig mit ihrer Begeisterung an. Die Freundschaften, die ich in Berkeley geschlossen habe, sind für mich neben allen großartigen fachlichen Zugewinnen mindestens genauso wichtig wie das Studium selbst.
Leben in Berkeley
Wohnsituation
Die Bay Area ist sehr teuer und Berkeley ist keine Ausnahme. Ich hatte das Glück, über private Kontakte vor Ort sehr früh eine Unterkunft gefunden zu haben und wohnte in einer Einliegerwohnung bei einer Familie in den Berkeley Hills. Die Hills sind eine sehr schöne Wohngegend nördlich vom Campus. Einziger Nachteil war, dass ich kein Auto hatte und der Weg zu Fuß oder mit dem Fahrrad hinauf in die Hills meine Fitness vor ganz neue Herausforderungen stellte. Entschädigt wurde ich jedoch mit einer einzigartigen Aussicht auf die Bay.
Grundsätzlich muss man sich darauf einstellen, für ein WG-Zimmer in Berkeley mindestens USD 1.500 monatlich einzuplanen, nach oben hin sind keine Grenzen gesetzt. Die Uni bietet über Cal Housing begrenzte Plätze in Studierendenwohnheimen an, die nach first come, first serve vergeben werden. Bei der Wahl der Wohnung sollte sehr auf die Lage geachtet werden, weil große Teile von Downtown Berkeley vor allem nachts nicht besonders sicher sind. Wenn ein Angebot verdächtig günstig erscheint, empfiehlt es sich, sich vorab umzuhören, welchen Ruf die Wohngegend hat.
Freizeit
Berkeley und die Bay Area insgesamt bieten sehr viele Freizeitaktivitäten. Die Gegend ist großartig für jegliche Art von Outdoor-Sport und ich habe einen großen Teil meines LL.M.-Jahres mit Hiking, Trailrunning und Biking verbracht. San Francisco ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut zu erreichen, für alles weitere lohnt sich die Anschaffung eines Autos, wenn möglich. Auch außerhalb der Bay ist Kalifornien ein wunderschönes Reiseland. Meine persönlichen Tipps sind Port Reyes, nördlich der Bay, und Mendocino, ein Küstenort im Norden Kaliforniens. Außerdem ist Lake Tahoe ein lohnenswerter Klassiker für Wochenendausflüge.
Fazit
Mein LL.M.-Jahr an der UC Berkeley war großartig und ich kann die Uni und das LL.M.-Programm uneingeschränkt weiterempfehlen. Getreu dem Motto der UC Berkeley: Go Bears!
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