Roar Lion Roar – Erfahrungsbericht zum LL.M.-Studium an der Columbia Law School (2019/2020)

Veröffentlicht am 19.9.2021

Dr. Philipp Stallknecht, LL.M. (Columbia)

Rechtsanwalt bei Flick Gocke Schaumburg

Ich absolvierte mein LL.M.-Studium an der Columbia Law School als Teil der Class of 2020. Die grundsätzliche Entscheidung einen LL.M.-Studiengang zu belegen traf ich bereits während meines Studiums in Münster. Ich kann jeden ermutigen diesen Schritt zu gehen, da ein LL.M.-Studiengang – insbesondere in den USA – den juristischen und persönlichen Horizont erheblich erweitert.

Inhalt

Bewerbungsprozess

Die Auswahl an Universitäten, an denen ich mich bewerben wollte, war bei mir recht breit gefächert. Sobald man alle notwendigen Materialien zusammengesammelt hat (Empfehlungsschreiben, CV, Zeugnisse etc.), ist der Mehraufwand pro Universität meines Erachtens überschaubar, sodass ich mein Risiko streuen wollte. Im Nachhinein betrachtet war dies wohl nicht notwendig, da ich bei allen Universitäten, bei denen ich eine Bewerbung einreichte, auch angenommen wurde. Man sollte also keine falsche Bescheidenheit walten lassen und ruhig hoch angreifen.

Bei mir kondensierte sich die Entscheidung auf die Wahl zwischen der NYU und der Columbia Law School. Für mich als Steuerrechtler hat die NYU mit dem International Tax Programm einen besonderen Reiz ausgestrahlt. Aufgrund der recht eingeschränkten Kursauswahl an der NYU im International Tax Programm habe ich mich aber letztendlich für die Columbia entschieden, da diese einen „allgemeinen“ LL.M. anbietet und man aus mehreren hundert Kursen wählen kann. Diese reichen von Klassikern (bspw. Corporations) bis hin zu exotischen Kursen (bspw. Space Law). Diese breite Kursauswahlmöglichkeit war für mich schlussendlich ausschlaggebend. Durch diese schneidet man sich außerdem, im Vergleich zu manchen Spezialprogrammen, nicht die Möglichkeit des NY Bar Exams ab.

Campus und Universitätsleben

Die Columbia Law School liegt im Stadtteil Morningside Heights in Manhattan. Der Campus ist gemessen an dem Umstand, dass er in New York City ist, großzügig, aber sicherlich nicht mit der Weitläufigkeit ländlich gelegener Universitäten zu vergleichen. Die alte Bausubstanz und insbesondere der Campus Walk vorbei an der Low Library und der Butler Library verbreiten aber genügend „Ivy-Stimmung“, sodass der Columbia-Campus mithalten kann.

Low Memorial Library
Low Memorial Library

Ich wohnte in einem möblierten Studio-Apartment in Harlem (ca. $ 1.600/Monat), welches ich privat organisierte. Hierzu sei angemerkt, dass Harlem deutlich besser als sein Ruf ist und ich mich dort stets wohl und sicher gefühlt habe. Die Columbia vermietet ebenfalls Wohnungen bzw. Zimmer in Wohngemeinschaften, wobei die Lennfest Hall aufgrund der unmittelbaren Nähe zur Law School die bevorzugte Adresse ist. Diese Wohnungen sind allerdings nicht subventioniert, sodass sich ein Umschauen auf dem freien Markt lohnen kann. Die Columbia verfügt hierfür über ein eigenes Housing-Portal (wie Immobilienscout für Columbia-Studenten), was den ansonsten sehr konkurrenzstarken New Yorker Immobilienmarkt etwas abmildert.

Ich empfehle bei der Auswahl des Wohnorts darauf zu achten, nicht zu weit entfernt von der Law School zu wohnen. Denn es kann durchaus sein, dass man fünf oder sechs Tage die Woche in der Universität ist. Außerdem kann man andernfalls die weiteren Aktivitäten bzw. Angeboten der Universität (Studentengruppen, Gym, etc.) möglicherweise nicht in vollem Umfang nutzen. Insbesondere das Gym der Columbia ist sehr beeindruckend, da dieses über mehrere Etagen nebst Pool und Squash-Courts unterirdisch erbaut wurde. Ferner sind die wöchentlichen Bar Reviews immer einen Besuch wert. Bei diesen wird meist mittwochs oder donnerstags eine Bar in der Umgebung der Law School „getestet“, was ein guter Start ins Wochenende ist.

Kursauswahl

Wie bereits erwähnt, stehen an der Columbia Law School eine Vielzahl von Kursen zur Auswahl. Mein Schwerpunkt lag im amerikanischen und internationalen Steuerrecht, jedoch besuchte ich auch allgemeine Kurse (Corporations, Constitutional Law etc.). Diesen Mix zwischen dem eigenen Interessengebiet und dem allgemeinen amerikanischen Recht empfand ich als sehr bereichernd.

Der Besuch von sog. Seminars ist ebenso anzuraten. Hierbei handelt es sich um deutlich kleinere Kurse mit ca. 15–20 Studenten, bei denen ein hohes Maß an Mitarbeit gefordert wird. Das von mir belegte Seminar „Entrepreneurship“ fand ich äußerst lehrreich. Jedoch sollte man nicht mehr als ein Seminar pro Semester wählen, da bei diesen der Arbeitsaufwand deutlich höher ist als bei konventionellen Vorlesungen. Letztere orientieren sich zwar grundsätzlich an der sogenannten sokratischen Methode (d.h. Vorbereitung anhand einer Reading List verbunden mit der ständigen Möglichkeit, vom Professor aufgerufen zu werden). Jedoch wird schnell klar, dass nur die wenigsten Professoren die strenge sokratische Methode vertreten, da auch die Professoren um die hohe Arbeitsbelastung der Studenten wissen. Oftmals werden die Studenten in Gruppen eingeteilt und die Readings entsprechend aufgeteilt, sodass man weiß, wann man ungefähr vom Professor drangenommen werden kann.

Lawrence A. Wien Reference Room – Butler Library
Lawrence A. Wien Reference Room – Butler Library

Die Professoren haben immer ein offenes Ohr und bieten auch gemeinsame Mittagessen mit ihren Studenten zum Austausch an. Ferner zieht die Columbia Law School auch prominente Gastprofessoren an. So las während meines LL.M.s Amal Clooney als Gastprofessorin eine Vorlesung über Menschenrechte, an welcher ich mangels fachlichem Interesse nicht teilnahm, aber mir berichten ließ, dass man während der Vorlesung bspw. mit Edward Snowden skypte. Ferner bietet die Law School eine Kooperation mit der Business School an, sodass man auch dort Kurse besuchen kann.

Ganz grundsätzlich gilt, dass man an Allem teilnehmen sollte, was einen interessiert, und man sich nicht zurückhalten oder übermäßig Zeiten (bspw. zum Lernen) freihalten sollte. Die Zeit zur Kursvorbereitung findet sich meistens von selbst. Letztendlich sind es nur zwei Semester, aus denen man so viel wie möglich mitnehmen sollte.

Leben in New York City

Das Leben in New York City ist hektisch, teuer, aber unfassbar abwechslungsreich, sodass man bei seiner Freizeitgestaltung wahrlich die Qual der Wahl hat.

Die Columbia bietet für Kulturveranstaltungen vergünstigte Tickets an. Ferner genießt man mit seinem Studentenausweis in diversen Museen kostenlosen Eintritt (MoMa, MET etc.). Die Orientierungswochen, an denen nur die LL.M.s teilnehmen, bieten eine hervorragende Möglichkeit, um sich mit seinen LL.M.-Kollegen zu vernetzen und erste Freundschaften zu knüpfen. Insgesamt hat sich mein Leben unter der Woche hauptsächlich um die Law School herum abgespielt. In dieser Zeit bin ich in der Regel auch mit Freunden in und um Morningside Heights ausgegangen. Den Süden von Manhattan habe ich mir regelmäßig für das Wochenende aufgehoben.

The Great Lawn im Central Park, New York City
The Great Lawn im Central Park, New York City

Oftmals ergeben sich interessante Gelegenheiten auch völlig unerwartet. So rief mich ein LL.M.-Kommilitone eines Tages spontan an, ob ich morgen Lust auf eine private Führung durch die Vereinten Nationen habe. Selbstredend nahm ich das Angebot an, was mir ermöglichte, abseits einer Touristengruppe durch die Gänge der Vereinten Nationen zu wandeln.

Brooklyn und Queens sind – bei Nacht und bei Tag – auch immer einen Ausflug wert, obgleich der Weg insbesondere aus Uptown etwas weiter ist. Insgesamt bedient man zugegebenermaßen recht schnell das Klischee, dass man als „New Yorker“ „seine Insel“ nicht gerne verlässt.

Wenn einen gerade zur Weihnachtszeit das Heimweh packen sollte, dann kann man sich neben den New Yorker Weihnachtsattraktionen auch damit behelfen, dass es in New York nichts gibt, was es nicht gibt: Natürlich findet man einen kleinen deutschen Weihnachtsmarkt an einer Ecke des Central Parks.

Mein Rat: Geht in das Konzert, geht auf den Wochenendtrip, geht mit den Leuten, die ihr gerade in der Vorlesung kennengelernt habt, essen, aber genießt auch die ruhigen Minuten auf dem Campus oder sonst wo in der City. Denn als LL.M. an der Columbia wird man – auch wenn man das Gefühl bisher noch nicht kannte – „FOMO“ erleben, weil schlichtweg so viele interessante Dinge angeboten werden.

Lebenshaltungskosten

Die Lebenshaltungskosten in New York sind hoch und es gibt nur wenig, was man daran ändern kann. Man isst in der Regel viel außer Haus, was aber insbesondere, um die neu gewonnen Freundschaften zu pflegen, ein Teil der LL.M.-Erfahrung ist. Ein guter Weg, um seine Lebenshaltungskosten etwas zu verringern, ist die Teilnahme an den von der Law School veranstalteten Lunch-Lectures. Neben interessanten Vorträgen wird dort kostenloses Mittagessen angeboten, was einem zumindest die obligatorischen $ 10–15 für Lunch erspart.

Die Subway in New York ist gut und relativ günstig, Studententickets gibt es leider nicht. Alternativ kann sich mit mehreren Leuten auch ein Uber oder Lyft lohnen, hier bekommt man in den USA in den Apps regelmäßig attraktive Gutscheine.

Ein besonderes Schmankerl für deutsche LL.M.-Studenten sind die Recruiting-Veranstaltungen deutscher Kanzleien, die üblicherweise ein paar Partner über den großen Teich fliegen lassen, um mit zukünftigen Leistungsträgern in ausgesprochen guten Restaurants (meistens Steakhäuser) essen zu gehen. Anschließend werden gegebenenfalls noch ein paar Drinks genommen. Die ein oder andere Kanzlei lädt auch zu Wochenendtrips in andere US-amerikanische Städte ein (Miami, Houston etc.). Neben der Wahl eines zukünftigen Arbeitgebers kann man so auch andere Kommilitonen aus den ganzen USA kennenlernen. Der einzige Nachteil eines LL.M.s in New York mag sein, dass man zu diesen Events – anders als die Kommilitonen bspw. aus Boston oder Washington – keinen Flug und keine Übernachtung in New York gesponsort bekommt, da man sowieso vor Ort ist. Dies ist aber ein Preis, den man sehr gut verkraften kann – anders als etwa $ 4,60 für einen kleinen Cappuccino bei Joe Coffee auf dem Columbia Campus.

Blick auf die Butler Library
Blick auf die Butler Library

Fazit

Insgesamt mag zwar die Columbia Law School keine klassische amerikanische Campusuniversität sein, aber die Tatsache in New York City an einer der renommiertesten Law Schools der Welt zu studieren sollte die Columbia Law School bei jedem LL.M.-Bewerber ganz oben auf die „Wunschliste“ setzen.

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