Eine monumentale Erfahrung

Erfahrungsbericht zum LL.M.-Studium an der George Washington University Law School (2021/2022)

Veröffentlicht am 20.7.2023

Paul Kunstmann

Student an der Universität Augsburg

Im Rahmen eines Austauschprogramms der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg mit der George Washington University Law School konnte ich noch vor der Ersten Juristischen Staatsprüfung den Master of Laws in Intellectual Property Law erlangen. Der LL.M.-Titel darf jedoch erst nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums in Deutschland geführt werden.

Inhalt

Beweggründe und Erwartungen

Schon im ersten Semester erzählten mir meine Kommiliton*innen aufgeregt vom USA-Austausch: „Amerika, da wollte ich immer schon einmal hin.“ Ins Ausland zog es mich auch: Eine andere Seite des Lebens kennenlernen, interkulturelle Kompetenzen sammeln, Sprachkenntnisse verbessern und einen zusätzlichen Abschluss erlangen. Das Austauschprogramm der Universität Augsburg machte das Studium in den USA möglich. In Washington, D.C. studiert zu haben – das klingt gut und hört sich spannend an, dachte ich mir. Also bewarb ich mich.

Von Washington, D.C. und den Vereinigten Staaten erwartete ich mir, dass es im Großen und Ganzen etwas anders, aber doch ähnlich wie in Deutschland sein wird. Das Studium stellte ich mir einfacher vor – es sind ja nur Präzedenzfälle. Die Menschen und ihre Kultur, Sprache und Eigenheiten kannte ich ja aus den Medien. Das wird ein Selbstläufer, stellte ich unwissend fest. Tatsächlich lernte ich viel mehr über das Land, die Menschen und mich selbst als ich erwartet hatte und das war gut so.

Monumental ragt der Marmorturm zu Ehren George Washingtons im Herzen der Stadt in die Höhe.
Monumental ragt der Marmorturm zu Ehren George Washingtons im Herzen der Stadt in die Höhe.

Danksagungen

Vielen Dank an alle, die mein Auslandsjahr in Washington, D.C. ermöglicht haben. Zuvorderst ist Herrn Professor Möllers und seinem Lehrstuhl für die Etablierung, Organisation und Pflege des Austausches zwischen der Universität Augsburg und der George Washington University zu danken. Danke auch den Pendants in Amerika, allen voran dem Graduate Office der George Washington University. Shehernaz Joshi und Andrew Vogt haben mir schnell und zuverlässig bei all meinen Problemen weitergeholfen. Besonderer Dank gilt der Konrad-Adenauer-Stiftung und dem Verein der Altstipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung. Ihre Förderung hat mein Auslandsjahr erst möglich gemacht. Zu guter Letzt, danke an Dich! Vielen Dank fürs Lesen meines Auslandsberichts. Für Rückfragen, weitere Tipps, Telefonate und Treffen stehe ich Dir gerne zur Verfügung (Kontaktaufnahme über LL.M. Essentials).

Auswahlverfahren

Vor der Bewerbung gibt es an der Universität Augsburg eine Informationsveranstaltung, in der das Verfahren, seine Formalitäten und Abläufe vorgestellt werden. Anschließend werden die verschiedenen Partneruniversitäten von den Ehemaligen vorgestellt: die University of North Carolina in Chapel Hill, das Chicago-Kent College of Law in Chicago, die Pepperdine University in Malibu, die University of Pittsburgh in Pittsburgh, die Santa Clara University in Santa Clara, die Beijing University in Beijing und die George Washington University in Washington, D.C. Die Bewerbung umfasste mehrere Dokumente: Bewerbungsformular, Immatrikulationsbescheinigung, tabellarischer Lebenslauf, Motivationsschreiben, Transcript of Records, Abiturzeugnis, Sprachzertifikat und ggf. weitere Dokumente, wie z.B. eine Bestätigung des Ehrenamtes. Alle eingereichten Noten, das Motivationsschreiben, die Sprachkenntnisse und das Bewerbungsgespräch werden bewertet und mit den anderen Bewerber*innen verglichen. Anhand der im Bewerbungsformular angegebenen Präferenzen werden dann die Plätze zugeteilt. In absteigender Reihenfolge bekommen alle ihre Prioritäten so lange zugewiesen wie es noch Plätze an der Uni gibt.

Anfang Dezember fand mein Auswahlgespräch pandemiebedingt online über Zoom statt. Gemeinsam mit vier anderen wurden mir Fragen zum aktuellen politischen Geschehen, unserem Allgemeinwissen, unserer Motivation und Uniwahl und zu unserem ehrenamtlichen Engagement gestellt. Eine Vertreterin des Fakultätsrates war auch mit dabei. Sie hat die Stimmung gelockert, das Eis gebrochen und auf einen ordnungsgemäßen Auswahlprozess geachtet. Im Dezember 2020 war das Thema die US-Wahl: Wer hat gewonnen? Was ist mit Georgia? Welche Auswirkungen könnte das haben? Wie funktioniert das politische System der USA? Wie könnte man es mit europäischen Systemen vergleichen?

Die Zusage kam einige Tage vor Weihnachten. Anschließend erfolgt eine verbindliche Zusage, die mit der Überweisung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 900 € bestätigt werden muss. Es gab eine Veranstaltung für alle Austauschstudent*innen, bei der wir untereinander aber auch mit unseren Vorgänger*innen ins Gespräch kamen. Es wurden WhatsApp-Gruppen zum Austausch gegründet.

An der Architektur des Kapitols kann man sich nicht satt sehen. Ein Besuch lohnt sich jedes Mal!
An der Architektur des Kapitols kann man sich nicht satt sehen. Ein Besuch lohnt sich jedes Mal!

Visum

Der erste Schritt ist das Visum. Dazu ist ein aktueller Reisepass erforderlich. Aufgrund der unter Umständen längeren Wartezeiten sollte ein neuer Reisepass bei Bedarf umgehend beantragt werden.

Für Austauschstudierende gibt es neben dem J-1-Visum, das ein Semester lang gültig ist, auch das F-1-Visum, das bis zu fünf Jahre gilt. Letzteres ist ideal, wenn ihr bereits wisst, dass ihr nicht nur ein Semester zum Austausch, sondern für den LL.M. ein ganzes Jahr bleiben wollt. In den bisherigen Jahren hat sich die GWU allerdings quer gestellt, weil die offizielle Bewerbungsfrist für das zweite Semester des LL.M. erst im November ist und erst dann feststeht, dass man ein ganzes Jahr bleibt. Der Visumsprozess muss daher zwei Mal durchlaufen werden. Eine Rückkehr nach Deutschland über Weihnachten ist obligatorisch, der Bearbeitungsvorgang beim zweiten Mal ist sehr schnell und zuverlässig, aber auch mit Kosten sowie einer Menge Stress und Aufwand verbunden. Es lohnt sich daher auf jeden Fall, mehrmals nach einer sofortigen Gewährung eines F-1-Visums zu fragen.

Bei der GWU muss man sich vor dem Visaprozess noch einmal „offiziell bewerben“. Dazu füllt man einige Formulare aus, schickt ein Motivationsschrieben hinterher und wird dann aufgenommen. Die E-Mail erfolgte ca. im April. Für das DS-2019, der Bestätigung der Universität, dass man als Austauschstudent*in in die USA kommt, müssen finanzielle Mittel von circa 12.000 USD nachgewiesen werden. Der Nachweis muss auf Englisch erfolgen. Da deutsche Banken in dieser Hinsicht nicht besonders zuvorkommend sind, muss etwas Zeit eingeplant werden. Der Betrag im zweiten Semester ist deutlich höher, da die Mittel, die Studiengebühren für 12 Credits zu zahlen, nachgewiesen werden muss. Diese Summe muss man selbst, die Eltern oder sonstige Geldgeber*innen gemeinsam im Laufe des letzten Jahres zu einem Zeitpunkt auf dem Konto gehabt haben. Damit soll sichergegangen werden, dass man sich das Auslandsjahr tatsächlich leisten kann. Falls man sich das Geld erst noch erarbeiten, ersparen oder leihen muss oder auf das Stipendium des DAAD angewiesen ist, kann man einen beliebigen Zeitpunkt im letzten Jahr wählen, an dem man besonders viel Geld auf dem Konto hatte. Es spielt für den Nachweis keine Rolle, ob das Geld am Tag darauf wieder zurücküberwiesen, abgebucht oder ausgegeben wird.

Wenn der Antrag genehmigt wurde, müsst ihr ein Formular ausfüllen, das euch das DS-2019 generiert, welches ihr euch per Expressversand für circa 70 USD nach Deutschland schicken lassen dürft. Damit muss man dann auf der Seite des U.S. Department of State (https://ceac.state.gov/genniv/) ein sehr langes Formular, das DS-160, ausfüllen. Darauf müssen alle möglichen Telefonnummern, Kontakte und eure Social-Media-Namen angeben und beispielsweise bestätigt werden, an keinem Völkermord beteiligt gewesen zu sein. Im Vorfeld ist ein Passfoto zu schießen, das speziellen Anforderungen entsprechen muss. Man kann das Foto auf einer Unterseite vorher prüfen lassen. Pro-Tipp für das Ausfüllen der Seite: In Amerika ist die „Weiter“-Taste in Formularen unten links, nicht rechts. Achtet worauf ihr klickt, ansonsten beendet ihr das Formular wiederholt und dürft es immer und immer wieder erneut ausfüllen …

Nach dem Ausfüllen des Formulars muss die SEVIS-Gebühr von 220 USD unter https://www.fmjfee.com/ bezahlt werden. Für das F-1 Visum werden 350 USD fällig. Mit dem DS-2019, dem DS-160 und der SEVIS-Bestätigung kann dann unter https://cgifederal.secure.force.com/?language=English&country=Germany ein Termin beim Konsulat vereinbart werden. Die Visumsgebühren betragen sowohl für das J-1- als auch für das F-1-Visum 160 USD. Die Gebühren können meist nur mit Kreditkarte bezahlt werden. Ausnahme davon ist die Versandgebühr für den Pass vom Konsulat nach Hause, falls man diesen nicht vor Ort abholen kann. Diese beträgt 26 € und kann per PayPal bezahlt werden. Die Wartezeiten für einen Interviewtermin können mitunter enorm sein. In meinem Jahrgang waren die Wartezeiten für München coronabedingt so lang, dass uns telefonisch ein Termin in Frankfurt nahegelegt wurde.

Am besten fährt man mit jemandem zum Termin, da man in das Gebäude selbst de facto nur die Unterlagen mitnehmen darf. Mitgebracht werden sollten der Pass, alle oben genannten Dokumente und ggf. Nachweise über das Vermögen, die Unterkunft und die Flüge. Bei mir wurde nur der Pass, das DS-160 und das DS-2019 benötigt. Falls das online eingereichte Foto nicht passt, sollte man aber ein wenig Kleingeld für den dortigen Passfotoautomaten dabeihaben. Es werden Fingerabdrücke abgenommen und ein paar einfache Fragen zum Aufenthalt, zu den Eltern und zur Finanzierung gestellt. Ein paar Tage später kann man den Pass abholen oder bekommt ihn zugeschickt.

Bei der Einreise wird man automatisch mithilfe des gescannten Reisepasses in das I-94 eingetragen. Das Dokument weist die legale Einreise in die Vereinigten Staaten nach. Es lohnt sich, bei der Einreise explizit nachzufragen, ob der automatische Eintrag erfolgreich war. Die Nachfrage kann einem eine erneute Fahrt zum Flughafen zur „offiziellen Einreise“ ersparen. Das I-94 kann ein paar Tage nach der Einreise online abgerufen werden und ist für die Registrierung bei der Uni als International Student erforderlich. Das International Student Office (ISO) schickt einem einige Wochen vor den Vorlesungen einen Link zu einer internen Website, die übersichtlich mithilfe von Videos den Registrierungsvorgang erklärt. Die Registrierung muss zeitnah nach der Einreise erfolgen, da sonst die Ausweisung aus dem Land droht.

Das Lincoln Memorial sowie alle weiteren Monumente entlang der National Mall werden nachts eindrucksvoll beleuchtet.
Das Lincoln Memorial sowie alle weiteren Monumente entlang der National Mall werden nachts eindrucksvoll beleuchtet.

Impfungen, E-Mail-Adressen und Portale

Die Universität schreibt eine Reihe an Impfungen vor, die vor dem Studium nachgewiesen werden müssen. Eine Liste findet sich unter healthcenter.gwu.edu/immunizations. Mir haben neben der damals noch eingeschränkt verfügbaren COVID-19-Impfung die Windpocken-, Grippe- und Meningokokken-Impfung gefehlt. Die Windpocken-Impfung umfast zwei Impfungen, sodass ein entsprechender Vorlauf einzuplanen ist. Die Nachweise kann man über das Colonial Health Center-Portal hochladen, sobald man die GWID bekommen hat. Über das Portal kann man außerdem Arzttermine und COVID-19-Tests buchen.

Die GWID ist eine interne Identifikationsnummer für die Plattformen der George Washington University. Sie wird einem einige Monate vor Vorlesungsbeginn zugeschickt. Neben dem Colonial Health Center (CHC) sind dies das GWeb, Blackboard und vor allem MyLaw. Zudem kann man mit der GWID auch auf seine E-Mail-Adressen zugreifen, eine universitätsübergreifende und eine jurafakultätsspezifische Adresse. Der gesamte Prozess wird zwar bei der Orientation nochmal erklärt. Aber wenn man sich die Zeit nimmt, alles frühzeitig einzurichten und aufmerksam durchzulesen, erspart man sich sehr viel Stress und kann sehr viel besser planen. Die E-Mail-Adressen behält man auch nach dem Abschluss als eine Art Visitenkarte. Besonders hilfreich war der fast endlose Google-Drive-Speicher, der an die E-Mail angeschlossen ist.

Alle zwei Wochen musste man sich auf COVID-19 testen lassen, ansonsten kam man nicht in die juristische Fakultät. Bis auf eine Woche galt fortwährend Maskenpflicht in Innenräumen.
Alle zwei Wochen musste man sich auf COVID-19 testen lassen, ansonsten kam man nicht in die juristische Fakultät. Bis auf eine Woche galt fortwährend Maskenpflicht in Innenräumen.

Finanzen

Die Finanzierung war lange Zeit mein größtes Sorgenkind. Die Studiengebühren und die Lebenshaltungskosten in den Vereinigten Staaten sind enorm. Für das zweite Semester sind bei mir 23.000 USD an Studiengebühren angefallen. Die Miete im International Student House (ISH) von 1.343 bis 1.821 USD ist auch nicht zu vernachlässigen. Dazu kommen noch weitere Kosten wie Verpflegung, Kleidung, Transport etc. An der GWU gibt es zumindest für das erste Semester eine Förderung des DAAD, sodass zumindest einige Kosten abgefedert werden können.

Ich habe letztlich eine Studienförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung erhalten, die den Großteil meiner Lebenshaltungskosten und die Hälfte meiner Studiengebühren abdeckte. Über einen zusätzlichen zinsfreien Auslandsmasterkredit der Altstipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung deckte ich einen weiteren Teil meiner Lebenshaltungskosten und die andere Hälfte meiner Studiengebühren. Zusammen mit Ersparnissen (ca. 10.000 €) stand die Finanzierung. Hätte ich das Stipendium nicht bekommen, hätte ich den Auslandsaufenthalt auf ein Semester beschränkt und wäre eventuell später wiedergekommen. Das erste Semester ist aufgrund der entfallenden Studiengebühren finanziell stemmbar. Für das zweite Semester ist eine Förderung durch ein Stipendium oder die Eltern fast schon unerlässlich.

Bei einer Kostenkalkulation ist es vorteilhaft, konservativ zu rechnen und einen besonders schlechten Wechselkurs anzunehmen. Gleichzeitig habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich persönlich einen ziemlich sparsamen Lebensstil habe und meine angesetzte Kalkulation zwar bezüglich des Wechselkurses grob abgewichen ist, aber meine Lebenshaltungskosten doch erheblich geringer waren als ich ursprünglich gedacht hatte.

Versicherungen und Kreditkarte

In den USA wird vor allem mit Kreditkarte bezahlt. Darüber hinaus verlangen die GWU, das DS-2019 und der gesunde Menschenverstand eine ausreichende Auslandskrankenversicherung. Da sich die Vorgaben der Uni und das Angebot auf dem Versicherungs- bzw. Kreditkartenmarkt ständig ändert, habe ich einen Versicherungsmakler zu Rate gezogen. Milan Lautenbach von der Formaxx AG (milan.lautenbach@formaxx.ag) hat mir exzellent weitergeholfen, viele verschiedene Optionen verglichen und eine zuverlässige und günstige (ca. 60 € im Monat) Versicherung und eine Kreditkarte ohne Wechselkursgebühren gefunden. Auch für Rückfragen während des Semesters stand er jederzeit zur Verfügung. Der Service kostet nichts, die Expertise und den Komfort würde ich mir nicht entgehen lassen. Im Laufe des Studiums kam es zu einigen Komplikationen mit der Kreditkarte und auch die Versicherung musste ich in Anspruch nehmen. In beiden Fällen ist alles glatt gelaufen. Ich kann die Milan Lautenbach und die Formaxx AG nur weiterempfehlen!

Die von der Universität angebotene Krankenversicherung ist viel zu teuer und nicht zu empfehlen. Will man diese nicht nutzen, muss der Mitgliedschaft aktiv widersprochen werden. Aktuelle Informationen an die Anforderungen der eigenen Auslandskrankenversicherung und das Waiver Form gibt es unter https://healthcenter.gwu.edu/health-insurance.

Ggf. macht auch eine Unfall- und Haftpflichtversicherung Sinn. Dafür würde ich vor dem Abschluss empfehlen, zuerst bestehende Versicherungen der Eltern zu prüfen. Meist sind Kinder bis einschließlich dem 25. Lebensjahr eingeschlossen, mitunter auch weltweit.

Der Smithsonian National Zoological Park ist einer der wenigen Orte, an denen man Pandas sehen kann. Der Eintritt ist frei!
Der Smithsonian National Zoological Park ist einer der wenigen Orte, an denen man Pandas sehen kann. Der Eintritt ist frei!

Unterkunft

Das International Student House (ISH) ist eine gemeinnützige Organisation, die vorwiegend internationalen Studierenden Wohnraum anbietet. Das Haus hat eine sehr vielfältige Bewohnerschaft und bietet Veranstaltungen zum Vernetzen, Diskutieren und Kennenlernen von wichtigen Persönlichkeiten aus der Stadt an. Ausschlaggebend für mich war die Flexibilität und Sicherheit des ISH: Die Anmeldung ist unkompliziert, die An- und Abreisezeiten können flexibel geändert werden und eine Kündigung wird nur in absoluten Ausnahmefällen ausgesprochen. Gerade als internationaler Student, der nicht vor Ort nach Wohnungen suchen kann, ist das ISH ideal. Es bietet sich auch als erster Stopp an, um von dort aus vor Ort nach einer Wohnung zu suchen. In der Miete enthalten sind Internet, Drucker, Waschmaschine und Trockner, ein überwiegend befriedigendes Frühstück und Abendessen sowie allerlei Kleinigkeiten, die man so fürs Leben braucht. Man kann zudem im Haus aushelfen und so eine Mietsenkung erhalten. Darüber hinaus gibt es regelmäßig verschiedene Events zu aktuellen Themen oder Feiertage der im Haus vertretenen Kulturen. Die meisten Events werden durch die Residents organsiert und vom Haus unterstützt. Ich habe beispielsweise den Residents meine bayerische Heimat vorgestellt. Passend dazu gab es dann deutsche Snacks.

Es gibt drei Gebäude: das Main Building, VanSlyck und Marpat. Ich kann den zweiten bis vierten Stock in VanSlyck sehr empfehlen. Eine freundliche Bitte, dort wohnen zu dürfen, und im Notfall ein Umzug in ein Zimmer dorthin unter dem Semester können die Lebensqualität deutlich erhöhen.

Rückblickend hat mir das ISH vor allem einen Ankerpunkt in Washington gegeben. Es ist eine immense Herausforderung, sich allein in einem fremden Land zurechtzufinden. Im Haus findet man aber schnell Freunde, die einem helfen, mit einem etwas unternehmen und mit denen man sich einfach austauschen kann. Gleichzeitig wird einem sehr viel Organisationsaufwand abgenommen: einkaufen, kochen, Abendprogramm etc. Ich würde jederzeit wieder ins ISH ziehen. Es war eines der Highlights in meinem Auslandsjahr.

Mitnehmen

Die Vereinigten Staaten und insbesondere Washington, D.C. sind ein teures Pflaster. Vor allem Drogerieprodukte gibt es in Deutschland für einen Bruchteil des Preises. Soweit im Koffer Platz ist, würde ich Gesichtsreiniger, Feuchtigkeitscreme, Duschgel, Shampoo und Conditioner, Sonnencreme und After-Sun, Zahnpasta und Zahnbürste, Tropen-Mückenspray sowie alle benötigten grundlegenden Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel mitnehmen.

Da Sonnencreme besonders teuer ist und Washington, D.C. weit südlicher liegt als viele annehmen, nämlich auf derselben Höhe wie Mallorca, rate ich zumindest Sonnencreme in ausreichendem Maße mitzunehmen und täglich mindestens im Gesicht anzuwenden. Die Mücken sind auch nicht zu unterschätzen. Zusätzlich zum Spray ist es daher von August bis Ende November ratsam, Cortisoncreme und einen Stichheiler dabei zu haben.

Das Wetter ist stets sehr wechselhaft. Mal ist es heiß schwül, einige Tage später ziehen eisige Winde durch die Straßen. Gute Winter- und Übergangskleidung sollte mitgenommen oder sehr bald vor Ort zugelegt werden. Darüber hinaus empfehle ich unbedingt, formelle Kleidung mitzunehmen. Die Steckdosen in den USA sind zudem anders als in Europa. Es ist daher ratsam, mindestens zwei passende Stecker einzupacken.

Zum Cherry Blossom Peak Bloom kann man die Insel südöstlich des Tidal Basin mit einem Leihrad umfahren. Die ganze Strecke ist mit blühenden Kirschbäumen gesäumt!
Zum Cherry Blossom Peak Bloom kann man die Insel südöstlich des Tidal Basin mit einem Leihrad umfahren. Die ganze Strecke ist mit blühenden Kirschbäumen gesäumt!

Flug

Der Flug sollte möglichst bald gebucht werden, aller spätestens zwei Monate vor Abflug. Empfehlenswert ist der Vergleich über Google Flights. Vor dem Beginn der regulären Vorlesungszeit gibt es einige Tage Orientation und dann ggf. den einwöchigen vorgelagerten Kurs Fundamental Issues in U.S. Law. Alle Infos gibt es schon sehr früh auf der Records Seite (dazu einfach nach „George Washington University Law School Records Spring/Fall 20XX” suchen.) Ich bin am 15. August angereist. Zum ersten und fünfzehnten eines Monats kann man im ISH regulär ohne Mehrkosten einchecken. Außerdem hatte ich so einige Tage zur Orientierungsphase.

Zurück bin ich einen Tag nach meiner letzten geplanten Klausur geflogen. Da der Klausurenplan schon früh feststeht, kann man auch einige Tage früher abreisen und sich etwas Stress mit dem erneuten Visumsantrag sparen.

Im zweiten Semester bin ich einen Tag vor Vorlesungsbeginn wiedergekommen, um im Notfall mehr Zeit fürs Visum zu haben. Das war nicht notwendig gewesen, es war nach einigen Tagen noch vor Weihnachten da. Dafür hatte ich dann mehr Zeit für die Familie. Am Ende bin ich noch drei Wochen nach der Graduation geblieben, um die Stadt und Leute zu genießen, etwas zu reisen und würdig Abschied nehmen zu können.

Washington, D.C. ist eine weltoffene und progressive Stadt. Im Juni kann man passend zur Pride die stets straighten Straßen auf bunten Bikes queer machen.
Washington, D.C. ist eine weltoffene und progressive Stadt. Im Juni kann man passend zur Pride die stets straighten Straßen auf bunten Bikes queer machen.

Leben in Washington, D.C.

Washington, D.C. zeichnet sich durch seine vielen Prachtbauten und Museen aus. An der National Mall befinden sich Kapitol, Weißes Haus, Lincoln Memorial, Jefferson Memorial, Washington Monument und viele weitere Memorials. Außerdem stehen alle Nationalmuseen der Smithsonian Institution an der National Mall.

In Washington, D.C. benutzt man am besten die Metro oder das Leihradsystem Capital Bikeshare, um sich schneller fortzubewegen. Ein Semesterticket an der GWU kostet 100 USD und hat sich für mich definitiv gelohnt. Insbesondere die teuren Fahrten zum Flughafen Dulles konnte man damit ausgleichen. Über die Uni kann man Capital Bikeshare für 25 USD im Jahr benutzen. Insbesondere den Weg zur Uni kann man sehr gut mit dem Rad zurücklegen. Mit der Ausnahme des Expressbusses 5A zum Flughafen sind die Busse extrem unzuverlässig.

Als Tagesausflüge eignen sich Alexandria, Annapolis, Mount Vernon und Arlington. Darüber hinaus bietet die Universität sehr viele Aktivitäten an. Wenn man die Ohren offen hält, die wöchentlichen Newsletter liest und sich mit Kommiliton*innen austauscht, findet man immer was zu tun.

Die Restaurants in D.C. waren gut, aber unverhältnismäßig teuer. Besonders empfehlen kann ich einen Besuch bei ALDI und LIDL. Beide haben importierte deutsche Produkte und im Verhältnis zu amerikanischen Supermärkten hochqualitative Lebensmittel für einen geringen Preis. LIDL hat zudem eine Backwarenabteilung mit aufgebackenem Gebäck wie man es aus Deutschland kennt. ALDI hat regelmäßig deutsche Wochen, bei denen es deutsche Spezialitäten wie Bienenstich oder Käsespätzle gibt. Die Läden sind etwas außerhalb und sind am besten mit dem Auto zu erreichen. Der Aufwand für den kurzen Augenblick von Heimat hat sich aber immer gelohnt.

Reisen

Amerika hat viel zu bieten. Und wenn man schlau plant, kann man sehr viel vom Land entdecken. Von Washington, D.C. aus kann man mit dem Zug oder Bus die anderen großen Städte der Ostküste besuchen: Philadelphia, New York und Boston sollten definitiv auf der Liste stehen. Einige hat es auch nach Chicago, Miami und New Orleans verschlagen. Besonders empfehlen kann ich die Westküste der USA, allen voran San Francisco. Die Welt ist dort ganz anders: Die Natur wirkt wie aus einem Fantasyfilm. Jeden Abend taucht die Sonne alles in goldenes Licht. Das Klima ist angenehm warm.

Güldener Sonnenschein umhüllt Kalifornien in den Abendstunden.
Güldener Sonnenschein umhüllt Kalifornien in den Abendstunden.

Handy

Wir haben uns mit den anderen Austauschstudierenden und einigen aus dem ISH zusammengetan und einen Familientarif bei T-Mobile gebucht. Es gab eine 10 USD SIM-Gebühr und eine monatliche Gebühr von ca. 38 USD. Die genaue Summe weicht je nach Anzahl der Personen in der „Familie“ ab. Bei fünf ist der Betrag am geringsten, bei vieren etwas mehr. Die Flat umfasste unendlich viele Gesprächsminuten, SMS und Datenvolumen. Ab 50 GB wurden bei der Überlastung des Netzes andere Handytarife bevorzugt. Die 50 GB habe ich fast jeden Monat gerissen, da das WLAN im ISH manchmal ausfällt und nicht besonders schnell ist. Keine Daten hatte ich nur einmal bei einer Demonstration gegen Russlands Krieg gegen die Ukraine vor dem Weißen Haus. Das größte Problem waren die unwissenden Angestellten im T-Mobile-Store. Es wurden ständig falsche Informationen mitgeteilt, was den Bezahlvorgang und die Absprache in der Gruppe, wer was bezahlen muss, erheblich erschwerte. Dennoch funktionierte letztlich alles und es war den Aufwand wert.

Studium

Ich empfand das Studium an der George Washington University Law School im Großen und Ganzen als angenehm. Am Anfang gibt es viele Einführungs- und Kennenlernveranstaltungen. Eine Menge Organisationen wollen einen kennenlernen: Bruderschaften und Schwesternschaften, religiöse Gemeinschaften, Minderheitenorganisationen, politische Gruppierungen und thematisch orientierte Gruppen. Als LL.M.-Student, der nicht vorhat in Amerika zu arbeiten, empfand ich das Studienklima als behaglich. Die LL.M.-Studierenden halfen einander und reguläre Jurastudierende, die in drei Jahren einen Juris Doctor (J.D.) erlangen wollen, waren grundsätzlich aufgeschlossen. Es war dennoch weitaus schwerer zu ihnen eine dauerhafte Verbindung aufzubauen. Mir persönlich hat das verbindende Element einer Mensa sehr stark gefehlt. Essen gibt es in den Supermärkten, Fast-Food-Restaurants und Delis in der Umgebung. Eigenes Essen kann man in den Kühlschränken der juristischen Fakultät aufbewahren und in den Mikrowellen warm machen. Es gibt auch Snackautomaten, an denen man mit Kreditkarte zahlen kann.

Nach langen Digitalsemestern hat mir vor allem die Präsenzlehre wieder sehr viel Spaß gemacht. Das Studienklima ist sehr professionell gehalten, ein LinkedIn-Account ist sehr zu empfehlen. Es ist gut, früh mit dem Netzwerken auf der Plattform anzufangen, wenn man das möchte. Es gibt manchmal von der Uni bezahlte Fotosessions für LinkedIn-Profilbilder.

Das unbestrittene Highlight eines jeden Besuchs in New York ist der einzige Nintendo Store außerhalb Japans. ;D
Das unbestrittene Highlight eines jeden Besuchs in New York ist der einzige Nintendo Store außerhalb Japans. ;D

Stundenplan und Kurswahl

Amerikaner*innen sind keine großen Planer, heißt es. Im persönlichen Umgang kann ich das so bestätigen. Was die Studienplanung angeht, ist die juristische Fakultät der GWU derjenigen in Augsburg um Universen voraus. Schon mehr als ein Jahr im Voraus stehen nahezu alle Kurse mitsamt Zeiten und Dozierenden fest. Ca. sechs Monate davor wird die Raumzuteilung ergänzt. Meinen Stundenplan für das komplette Auslandsjahr August 2021 bis Mai 2022 stand schon im Mai 2021. Alle Informationen sind auf den Records-Seiten der jeweiligen Semester zu finden.

Die Universität legt zudem großen Wert darauf, ein Teilzeitstudium zu ermöglichen. Alle für einen Abschluss oder eine Spezialisierung notwendigen Veranstaltungen haben daher ein Äquivalent, das frühestens am späten Nachmittag beginnt. Wenn man also lieber abends Vorlesungen besucht, kann man für den gesamten LL.M. ausschließlich Kurse ab 15:50 Uhr wählen.

In meinem Jahrgang war es noch möglich, die Credits frei zwischen den Semestern zu verteilen. Da es im ersten Semester keine Studiengebühren gibt, ist es sinnvoll, so viele Credits wie möglich in das erste halbe Jahr zu packen. Uns wurde mitgeteilt, dass diese Möglichkeit künftig nicht mehr bestehen wird, da der Fakultät dadurch Einnahmen entgehen. Ich würde aber zumindest nachfragen, ob es möglich ist.

Ich empfand meine 14 Credits im ersten Semester als sehr anstrengend. Dennoch war ich dankbar, so viele Credits zu Beginn nehmen zu können, da das Kursangebot im IP-Bereich im ersten Semester meiner Ansicht nach deutlich besser ist.

Vor der Kursplanung muss man sich zwei entscheidende Fragen beantworten: Worauf will ich mich spezialisieren? Und will ich das Bar Exam schreiben oder nicht?

Spezialisierung

An der George Washington University ist neben einem generellen LL.M. auch ein spezialisierter Abschluss möglich. Es gibt zehn Spezialisierungen:

  • Business & Finance Law,
  • Environmental Law,
  • Energy & Environmental Law,
  • Government Procurement Law,
  • Government Procurement & Environmental Law,
  • International & Comparative Law,
  • International Environmental Law,
  • Intellectual Property (IP) Law,
  • Litigation & Dispute Resolution und
  • National Security, U.S. Foreign Relations, Cybersecurity Law.

Die juristische Fakultät der George Washington University ist besonders renommiert für ihre LL.M.-Programme im IP Law, International & Comparative Law und Government Procurement Law.

Ich habe mich für die Spezialisierung im IP Law entschieden. Bereits in Deutschland habe ich meinen Schwerpunkt auf den Gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht gelegt, Es ist ein innovatives und aufregendes Rechtsgebiet, in dem ich eine berufliche Zukunft für mich sehe. Wenn man einen LL.M. in IP Law machen will, ist die George Washington University aus meiner Sicht zudem eine bessere Wahl als die Santa Clara University, selbst wenn die „Rankings“ die Universität einen Platz höher sehen. Dort muss man nämlich im ersten Semester einen einführenden IP-Kurs belegen, bevor man in die vertiefenden Veranstaltungen darf. An der GWU darf man sich hingegen sofort in alle Veranstaltungen im IP-Bereich eintragen.

Mein Ziel war es in dem Jahr eine solide Basis in den Grundlagenfächern des Schwerpunktes zu erlangen, darauf aufbauend einige Spezialisierungsveranstaltungen zu belegen und ein paar Einblicke in andere Bereiche des amerikanischen Rechts zu erhalten. Von meinen insgesamt 24 Credits waren 18 aus dem IP-Bereich. Das Einzige, was ich vielleicht im Nachhinein anders gemacht hätte, wäre auch noch Antitrust Law zu belegen.

Die Freiheitsstatue ist das eigentliche (?) Highlight eines Besuchs in New York.
Die Freiheitsstatue ist das eigentliche (?) Highlight eines Besuchs in New York.

Bar Exam

Mit dem Bestehen des Bar Exams erhält man die Anwaltszulassung in dem Bundesstaat, in dem man die Prüfung abgelegt hat. Die Prüfung umfasst vor allem die Grundlagen im materiellen und prozessualen Zivil-, Straf- und öffentlichen Recht. Einige Bundesstaaten haben ein Multistate Bar Examination (MBE), bei der man die Punktzahl in einen anderen Bundesstaat übertragen kann und dort dann nur noch eine kleine landesrechtliche Prüfung ablegen muss. Der beliebteste Bundesstaat für das Bar Exam ist New York. Dort sind die Bedingungen für ausländische Jurist*innen am günstigsten.

Vorteile des Bar Exams sind, dass es eine weitere Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt darstellt, die einen flexibleren Einsatz insbesondere bei amerikanischen Arbeitgeber*innen ermöglicht. Durch die intensive Beschäftigung mit dem amerikanischen Recht erlangt man zudem über den LL.M. hinaus einen noch tieferen Einblick in das amerikanische Rechtssystem. Nachteile des Bar Exams umfassen den großen Zeitaufwand und die Schwierigkeit, sich die für die Prüfung erforderlichen Kenntnisse anzueignen, die Kosten für den kommerziellen Vorbereitungskurs, die stark eingeschränkte Kurswahlmöglichkeit und die verhältnismäßig geringen Vorteile auf dem deutschen Arbeitsmarkt.

Es muss einem bewusst sein, dass man über das gesamte amerikanische Rechtssystem abgefragt wird und daher noch einmal sehr viel Zeit in die Vorbereitung investieren muss. Gleichzeitig konkurriert man auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt mit J.D.s, die im Gegensatz zu den LL.M.s insgesamt drei Jahre studiert haben. Außerdem ist Englisch meist ihre Muttersprache. Im Zweifelsfall wird daher jemand anderes gewählt, um Mandant*innen vor Gericht zu vertreten. In-House kann man als deutsche*r Jurist*in aber auch ohne Bar Exam arbeiten.

Eine weitere Möglichkeit ist es, sich lediglich die Option des Bar Exams für den Fall offenzuhalten, dass eine zukünftige Rolle die amerikanische Anwaltszulassung erfordert und der*die Arbeitgeber*in bereit ist, sich bei der Organisation und den Kosten des Unterfangens zu beteiligen.

Bei einer Spezialisierung auf IP Law sind die Voraussetzungen für das Bar Exam besonders ungünstig. Neben den Fundamentals im US-Recht, Legal Research and Writing I und II und Ethics sind dafür noch sechs Grundlagenfächer zu belegen. Damit diese Anforderungen mit den 14 Credits für den IP LL.M. in Einklang gebracht werden können, muss zwingend Property belegt werden. Der Kurs zählt sowohl als Grundlagen- als auch als IP-Fach. Es bleiben also noch zehn IP Credits, von denen zwei das Writing Requirement mit einem Research Paper erfüllen müssen. Die restlichen 8 dürfen dann im Rahmen des nun schon sehr eingeschränkten Stundenplans „frei“ gewählt werden. Meiner Erfahrung nach bleiben dann aber nur noch Nebenveranstaltungen übrig, was für mich kein echter IP-LL.M. gewesen wäre. Ich habe mich daher gegen das Bar Exam als einen potenziellen Pluspunkt bei einem Job und für die intensive Auseinandersetzung mit dem Geistigen Eigentum entschieden.

Benotung

Es wird nach der Curve benotet, eine von der Fakultät vorgegebene verpflichtende Notenverteilung. Die Kursteilnehmenden treten also gegeneinander an, um unter den maximal 10 % zu sein, die mit einem A+ die beste Note erhalten. Damit sollen äußere Umstände, wie eine schlechte Professorin, eine Pandemie oder ein misslungener Stundenplan, eliminiert werden. Egal was passiert, es wird immer maximal 10 % geben, die ein A+ erhalten. Für internationale Studierende ist es aufgrund des Systems eher schwerer bessere Noten zu bekommen. Gleichzeitig ist es aber auch praktisch unmöglich durchzufallen.

Kurse, die normalerweise im ersten Jahr belegt werden, sogenannte 1L-Kurse, sind besonders wettbewerbsorientiert. Mit den Noten des ersten Jahres bewerben sich die J.D.s auf aussichtsreiche Praktika und Jobs. Im Idealfall gibt es dann ein Angebot für eine Stelle nach dem Studium. Das hat den notentechnischen Vorteil, dass es für viele J.D.s dann nur noch heißt, die 2L- und 3L-Kurse im zweiten und dritten Jahr sowie das Bar Exam zu bestehen. In diesen Kursen hat man somit etwas weniger Konkurrenz.

In den allermeisten Kursen werden 20 % der Note durch mündliche Mitarbeit vergeben. In der Praxis heißt das, dass bei den Aktiven die Klausurnote um einen Zwischenschritt angehoben wird. Aus einem B+ wird also ein A-. Weitere Informationen zur Benotung und zur Curve gibt es im Syllabus des jeweiligen Kurses und auf der Records-Seite des jeweiligen Semesters, sobald man einen GW Law Account hat.

Von der Law School der George Washington University sind es nur zehn Minuten Fußweg zum Weißen Haus
Von der Law School der George Washington University sind es nur zehn Minuten Fußweg zum Weißen Haus.

Syllabus

Der Syllabus ist eine mehrseitige Gliederung zur Vorlesung. In ihm wird dargelegt, wie der Kurs ablaufen soll, wie die Benotung abläuft, wann die Vorlesungen stattfinden und was in jeder Einheit besprochen wird. Dazu kommen noch einige rechtlich verpflichtende Angaben (mein Highlight war der Syllabus meines einzigen Online-Kurses, der als einziger Syllabus sehr detailliert den Brandschutz und die Fluchtwege an der Fakultät aufzeigte). Bevor man einen Kurs wählt, sollte man sich den Syllabus genau durchlesen. In der ersten Vorlesungswoche kann man sich zudem unverbindlich in Kurse hineinsetzen und auch die Professor*innen nach Details fragen. Die Dozierenden kommen fast alle aus der Praxis. Sie sind meist sehr nahbar und beantworten alle Fragen, sei es zum Kurs, zum Fach oder zur Karriere.

Readings

Für jede Stunde Vorlesung sind zwei Stunden Vor- und Nachbereitung pro Woche vorgesehen. Hauptsächlich soll man sich mit den im Syllabus angegebenen Readings beschäftigen. Die Readings leiten das Thema der kommenden Vorlesung ein, erklären es und enthalten eine Vielzahl von relevanten Fällen. Ich kam im Schnitt auf 200 Seiten pro Woche. Die Professor*innen handhaben die Readings unterschiedlich. Für manche sind sie Hintergrundinformationen, die weder behandelt noch abgefragt werden. Andere fassen in der Vorlesung die Readings zusammen und erwarten dann ein gewisses Maß an Mitarbeit. Und dann gibt es diejenigen, bei denen jede Woche ein Text zu den Readings verfasst werden muss. Besonders entspannt waren die Kurse, in denen es jede Woche für die Präsentation der Readings zuständige Personen gab. Besonders gefürchtet waren die Kurse mit Coldcalling, in denen die Readings ohne Freiwillige oder Muster abgefragt wurden. Je nach Kurs muss man für sich selbst entscheiden, ob und wie intensiv man sich mit den Readings befasst. Mir hat meist ein Überblick über die behandelten Themen und Fälle gereicht. Meiner Erfahrung nach haben die meisten das so gehandhabt. Ich rate unbedingt dazu, den Stoff so weit es geht für einen selbst einzugrenzen und sich auf die Grundlagen zu fokussieren. Anderenfalls kann einen die Stofffülle, die Deadlines und der immense Leistungsdruck sehr schnell an die Belastungsgrenze bringen.

Die Unterlagen wurden entweder gestellt oder konnten aus den Büchern in der Bibliothek abgescannt bzw. -fotografiert werden. Gekauft habe ich keines der empfohlenen Bücher. Nicht nur sind sie in der Bibliothek verfügbar und mit circa 300 USD pro Buch zu teuer. Die Bücher sind allen voran zu klobig, um sinnvoll mit ihnen etwas anzufangen. Ich empfehle digitale Bücher.

Schwere Lektüre für zuhause gibt es in der Bibliothek.
Schwere Lektüre für zuhause gibt es in der Bibliothek.

Outlines und Klausuren

„Die Besten outlinen jeden Tag“, wird Neuankömmlingen in der Einführungsveranstaltung gesagt. Outlinen ist das Zusammenfassen des in der Vorlesung und den Readings behandelten Stoffs. Das Outline wird regelmäßig überarbeitet und gekürzt bis am Ende eine ungefähr 40-seitige Zusammenfassung herauskommt, in der man in der Open-book-Klausur schnell ein Problem nachschlagen kann. Idealerweise verinnerlicht man beim Schreiben den Stoff und braucht das Endresultat erst gar nicht.

Da alle Klausuren open book sind, lohnt es sich sehr ein Outline zu erstellen. Im ersten Semester waren nur ausgedruckte Dokumente zugelassen. Im zweiten Semester waren auch digitale Notizen erlaubt. Die Antworten zu den Klausuren gibt man in das Klausurprogram Exam4 ein. Ein passender Laptop ist also sehr zu empfehlen. Notfalls kann aber auch auf Papier geschrieben werden. Ich kenne aber keinen, der das gemacht hat. Während der Klausur ist der Internetzugang unterbunden und ein Kopieren von den digitalen Dokumenten in das Programm unmöglich. Es muss also alles abgeschrieben werden. Die Abgabe erfolgt dann über das Uni-Netzwerk und notfalls über einen USB-Stick. Bei mir hat es allerdings nie Probleme mit dem Programm gegeben. Das Programm wird erst kurz vor der Klausurenphase zur Verfügung gestellt und sollte mithilfe einer Probeklausur im Uninetzwerk ausprobiert werden, um bei Problemen die IT-Abteilung zu konsultieren.

Meiner Ansicht nach ist das idealtypische Outline zu viel Arbeitsaufwand. Eine einfache Zusammenfassung der wichtigsten Konzepte, Definitionen und Fälle aus den eigenen Notizen ist völlig ausreichend. Besonders hilfreich haben sich Outlines von vorherigen Jahrgängen erwiesen. Diese gibt es fakultätsübergreifend unter https://www.law.gwu.edu/outline-bank. Darüber hinaus haben die themenorientierten Fakultätsgruppen eigene Datenbanken. Die IP-Law-Organisation SIPLA hatte für IP-Kurse eigene Outline-Sammlungen. Daneben gibt es noch kommerzielle Outline-Angebote, von denen mir aber stets abgeraten wurde.

Kurse

Erstes Semester (14 Credits)

Legal Research and Writing for M.S.L. and International LL.M. Students I (Gore, 1 Credit)

Legal Research and Writing ist ein verpflichtendes Fach für den LL.M. Es werden die Grundlagen der juristischen Recherche und des juristischen Schreibens vermittelt. Regelmäßig sind mitunter zeitaufwändige Abgaben fällig. Ich empfehle, sich im Kurs nicht allzu sehr zu verkopfen: Im amerikanischen Recht muss nicht alles dogmatisch einwandfrei sein. Es gab kein Coldcalling, die Benotung war fair.

Fundamental Issues in U.S. Law (Celorio, 2 Credits)

Fundamentals ist ein Pflichtkurs für internationale Studierende. Die Grundzüge und wichtigsten Gerichtsurteile des US-amerikanischen Rechtssystems werden angerissen. Die Themen reichen vom Gesetzgebungsprozess über die zuständige Gerichtsbarkeit bis hin zur Ehe für Alle. Leider bleibt die Auseinandersetzung oberflächlich. In meinem Jahr waren die ersten fünf Veranstaltungen der regulären Vorlesungszeit vorgelagert. Die in zehn Tagen zuhause zu bearbeitende Essay-Klausur fand daher einen Monat früher statt. Die Open-book-Klausur war gut machbar, aber z.T. unklar formuliert und daher frustrierend. Es gab Freiwillige für die Readings.

Patent Law (Rader/Whealan, 3 Credits)

Patent Law vermittelt vertiefende Grundkenntnisse im US-amerikanischen Patentrecht. Judge Rader war Richter am Federal Circuit und ist ein begnadeter Redner. Dean Whealan, der den Schwerpunkt IP Law betreut, ist ein renommierter IP-Rechtler, der bereits in diversen Behörden und an mehreren hochkarätigen Fällen mitgewirkt hat. Er hat das IP-Law-Programm an der GWU maßgeblich mitgeprägt.

Die Vorlesung war großartig. Die Inhalte wurden sehr anschaulich erklärt und die beiden Professoren ergänzen sich perfekt. Mir sind die vielen Tafelbilder besonders in Erinnerung geblieben, sei es ein Football-Feld oder eine fiktive Erfindung, die wir als Klasse zum Patent anmelden mussten. Spannend war es, wenn die beiden unterschiedlicher Auffassung waren oder die geltende Rechtsprechung kritisierten. In keinem anderen Kurs habe ich so viel über das Warum hinter dem Recht erfahren wie in diesem. Zum Abschluss der Stunde hat uns Judge Rader mit einem Klassiker des Rock’n’Rolls mit Gesang und Gitarre belohnt. Ich habe mich stets sehr auf die Vorlesung gefreut.

Die Klausur war open book, davon 90 % Multiple Choice und 10 % Essay. Der Multiple-Choice-Teil war knackig, aber in der Zeit machbar. Der Essay war gut machbar. Es gab kein Coldcalling. Manchmal wurde nach einzelnen Fällen gefragt. Einige Readings wurden in der Vorlesung behandelt. Die Readings sind sehr lang und sehr anspruchsvoll. Zu empfehlen ist das Buch „Patent Law in a Nutshell“ von Judge Rader.

Thomas Jefferson war ein Gründervater, der dritte Präsident und der erste Patentprüfer der Vereinigten Staaten von Amerika.
Thomas Jefferson war ein Gründervater, der dritte Präsident und der erste Patentprüfer der Vereinigten Staaten von Amerika.

Copyright Law (Tepp, 3 Credits)

In Copyright Law ging es um die Grundlagen im Urheberrecht: Was ist ein geschütztes Werk? Wie ist es geschützt? Wie kann man sein Recht durchsetzen? Prof. Tepp hat früher im U.S. Copyright Office gearbeitet und erzählt viel aus seiner Berufspraxis. Er neigt dazu auszuschweifen. Die Kursqualität war gut, aber ich hatte viele bessere Professor*innen. Falls es eine zweite Copyright-Veranstaltung gibt, würde ich sie mit dieser vergleichen und in die gehen, deren Stil einem besser taugt. Ich empfand die Unterrichtsatmosphäre dennoch als sehr angenehm, man konnte viel mitmachen.

Die Readings waren gut machbar und verständlich. Es wurden vier Coldcalling-Gruppen gebildet. In jeder Stunde kam eine Gruppe dran, sodass man sich nur einmal in zwei Wochen besonders gut vorbereiten musste. Die Klausur bestand aus zwei Essays und einem Multiple-Choice-Teil, die jeweils ein Drittel zählen. Die Klausur war leider sehr einfach. Das führte in Kombination mit der Curve dazu, dass es auf die kleinsten Details ankam, um eine gute Note zu bekommen.

Patent Enforcement (Hopenfeld/McKelvie/Rainey R/West/Atkins, 2 Credits)

Der Kurs bietet einen Einblick in die Praxis des US-amerikanischen Patentanwalts. Zu Beginn werden die Grundlagen des Patent- und Zivilprozessrechts wiederholt. Anschließend werden einige besondere Verfahren im Detail behandelt. Die Vorlesung wird von fünf sehr erfahrenen Patentanwälten gehalten, die ein Jahrhundert an Wissen und Erfahrung mitbringen. Mir hat die Vorlesung sehr geholfen, die Zusammenhänge aus der allgemeinen Patentrechtvorlesung zu verstehen. Es sind selten alle Professoren da, sie wechseln sich ab und präsentieren ihre jeweiligen Schwerpunkte. Die Atmosphäre ist angenehm. Die Readings bestehen nur im vorherigen Durchlesen der Folien und einigen Fällen. Einmal gab es ein Arbeitsblatt, das vorbereitet werden musste. Die Readings werden durch Aufrufen, Mitmachen bei Planspielen und einen Überraschungstest abgefragt. Der Stoff wird etwas eingegrenzt. Die Klausur bestand bei mir vollständig aus Multiple-Choice-Fragen. Die Professoren scheinen das aber jedes Jahr neu untereinander auszudiskutieren. Sehr lange war auch ein kurzer allgemeiner Essay im Gespräch. Die Klausur war etwas schwer. Hätte ich nur 12 Credits belegen dürfen, hätte ich diesen Kurs im ersten Semester gestrichen.

Information Privacy Law (Solove, 3 Credits)

In diesem Kurs werden Hintergründe und Theorien zur Privatsphäre und zum Datenschutz besprochen, bevor die großen Datenschutzgesetze der Vereinigten Staaten behandelt werden. In den USA gibt es keinen allgemeinen, sondern einen partiellen industriespezifischen Datenschutz, der einem Flickenteppich ähnelt. Besonders relevant sind die Datenschutzgesetze und -rechtsprechung zu Kommunikation, Finanzen, Gesundheit und staatlichen Einrichtungen. Zusätzlich werden Gesetze einzelner Bundesstaaten, insbesondere Kalifornien, und der EU durchgenommen.

Prof. Solove ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Die Folien sind die am besten gestalteten Anschauungsmaterialien meiner gesamten Bildungslaufbahn gewesen. Es gab immer passende Comics, Bilder und Vergleiche zum aktuellen Punkt. Die Vorlesung ist zu 99 % Frontalunterricht. Die Readings sind optionale Hintergrundinformationen. Die Klausur war die schwerste des gesamten Jahres. Es gibt 90 Multiple-Choice-Fragen zu allen angesprochenen Gebieten und einen 10-Punkte-Essay. Der Essay war machbar. Die Zeit für die Fragen war allerdings sehr knapp bemessen. Neben der Menge der Fragen, war es vor allem die Diversität des Stoffes, der Probleme bereitete.

Unter der Ägide von George Washington werden im University Yard Filme geschaut, Grillabende veranstaltet und der Semesterstart gefeiert.
Unter der Ägide von George Washington werden im University Yard Filme geschaut, Grillabende veranstaltet und der Semesterstart gefeiert.

Zweites Semester (10 Credits)

Intellectual Property Law Seminar (Legis-Multinat'l) (Oman/Rea, 2 Credits)

In diesem Seminar werden überblicksmäßig alle Bereiche des IP-Rechts behandelt. Anschließend gibt es Impulsvorträge zu einzelnen Spezialbereichen. Die Vorträge werden von Expert*innen gehalten. Sie arbeiten in den vielen Kanzleien und Behörden der Stadt und geben tiefen Einblick in die Rechtspraxis. Prof. Rea und Oman sind herausragende Jurist*innen und unterstützen einen bei der Anfertigung der mindestens 8.000 Wörter umfassenden Seminararbeit. Sie schlagen seitenweise Themen vor und beraten einen zu eigenen Themenvorschlägen. Die Vortragenden kann man gut zum eigenen Thema befragen und wertvolle Tipps erhalten. Die Themenwahl ist sehr frei, die Readings sind optional, die Benotung empfand ich als sehr großzügig und die Deadlines sind sehr fair. Fristen können notfalls auf Nachfrage verlängert werden. Das Research Paper ist selbstverständlich immer noch sehr zeitraubend, aber ich würde es immer wieder in diesem Kurs schreiben.

Licensing of Intellectual Property Rights (Kacedon, 2 Credits)

Die Vorlesung zum Lizenzvertragsrecht fokussiert sich auf die Lizensierung von Patenten. Lizenzen von urheberrechtlich geschützten Werken und Markenrechten werden in der vorletzten Stunde kursorisch von Kanzleikollegen des Professors vorgestellt. Es geht vor allem um die Formulierung von konkreten Lizenzklauseln. Anschließend gibt es ein unerwartet großes Kapitel zu kartellrechtlichen Problemen im Lizenzvertragsrecht. Ich finde, dass der Kurs für den IP-Bereich das praxisrelevanteste Wissen meines Studiums an der GWU vermittelt hat. Bei Lizenzen fließen alle IP-Bereiche und ihre Herausforderungen zusammen und müssen juristisch kreativ und präzise in einem Vertrag gelöst werden. Neben der Juristerei sind in der Praxis auch betriebswirtschaftliches Denken und Verhandlungsgeschick erforderlich. Die Vorlesung eröffnet fundierte Grundkenntnisse für eine potenzielle Berufslaufbahn im Bereich IP-Recht.

Das Buch des Professors gibt es online auf Bloomberg, worauf man als Studierender der GWU kostenlos Zugriff hat. Die Readings helfen, sind aber nicht obligatorisch, um der Vorlesung zu folgen. Die mündliche Mitarbeit fließt nicht in die Benotung ein. Stattdessen gibt es zwei Formulierungsübungen, die innerhalb von einer Woche bearbeitet und abgegeben werden müssen. Bei der ersten wurden im Anschluss an ein Planspiel einige Lizenzvertragsklauseln aufgesetzt. Die zweite Aufgabe war ein klassischer Sachverhalt, der zu lösen war. Die Übungen flossen zu je 20 % in die Note ein. Die Klausur zählte zu 60 %, war gut machbar und bestand aus vier kleineren Essays.

Trademark and Unfair Competition Law (Lynch/Talley, 3 Credits)

Das letzte Grundlagenfach umfasste das US-amerikanische Marken- und Wettbewerbsrecht. Der Fokus lag auf dem Markenrecht: Was qualifiziert sich als Marke? Wie kann eine Marke eingetragen werden? Wie schütze ich eine Marke? Das Wettbewerbsrecht wurde kurz in einer Vorlesung abgehandelt. Die Professorinnen haben den Kurs das erste Mal gegeben und waren meiner Ansicht nach sehr erfolgreich. Sie bringen ihre Erfahrung aus Kanzlei und Markenamt mit. Sie wechseln sich jede Vorlesung ab, sodass jede Professorin jeweils eine Hälfte der Veranstaltung leitet. Sie haben sich für die Meinung der Studierenden interessiert und sind immer auf Fragen eingegangen, auch wenn sie etwas abwegiger waren.

Die Readings waren etwas lang, wurden aber alle in der Vorlesung nochmal durchgesprochen. Die Klausur war anspruchsvoll und bestand aus fünf Essays. Es gab zwei große und drei kleinere Essays. Ich habe von der thematisch identischen Vorlesung von Prof. Brauneis auch sehr Positives gehört und würde auch dort einmal vorbeischauen, wenn es passen könnte.

Lawyers, Lobbying, and the Law (Farah/Fendley, 2 Credits)

Lawyers, Lobbying, and the Law ist der wohl stadtspezifischste Kurs der juristischen Fakultät. Von zwei erfahrenen Lobbyisten erfährt man, was Lobbying ist, wie man Lobbying betreibt und – am wichtigsten – wie man rechtlich und moralisch sauber arbeitet. Kampagnen werden analysiert und entworfen, die Entstehung, der Regelungsinhalt und die Folgen von Lobbyismusgesetzen behandelt und aktuelle und zukünftige Entwicklungen angesprochen. Die Professoren haben für verschiedene Kanzleien und Unternehmen Lobbying betrieben, sind „auf dem Hügel“ vernetzt und bipartisan, also von beiden Parteien. Der Kurs hat mir eine neue Perspektive auf den Parlamentarismus gegeben, mich gelehrt, dass vieles im Leben nichts anderes als Lobbying ist, und mir eine neue Karrieremöglichkeit eröffnet. Die Readings werden fast alle gestellt. Ein Buch muss für ein geringes Entgelt erworben werden.

Government Contracts Overview DE (Tillipman, 1 Credit)

Es handelt sich um einen Online-Videokurs. In 14 Modulen wird das US-amerikanische Auftrags- und Vergaberecht der öffentlichen Hand vorgestellt. Es geht insbesondere um das Zustandekommen, den Inhalt und die Komplikationen von öffentlich-rechtlichen Verträgen. Der Kurs ist als Einstiegskurs für die weiteren Kurse des Schwerpunktes vorgesehen und sollte idealerweise in den ersten zwei Wochen abgeschlossen werden. Ich habe den Kurs gewählt, weil er flexibel in meinen Stundenplan passte und ein Thema behandelte, mit dem ich so noch nie in Berührung gekommen bin. Viele Zusammenhänge und Probleme der öffentlichen Hand sind mir erst durch diesen Kurs bewusst geworden.

Wie schnell man den Kurs abschließt, kann man selbst bestimmen. Ich persönlich habe immer dann, wenn es in den anderen Kursen nicht so viel zu tun gab, einige Module in diesem Kurs abgeschlossen. Nach jedem Modul gibt es einen Test, den man so lange wiederholt, bis man bestanden hat. Man kann nur bestehen oder durchfallen. Man fällt aber nur durch, wenn man die Module nicht bis Mitte April abgeschlossen hat.

Auf dem Weg zur Gratulation wurden wir sogar per Durchsage in der Metro beglückwünscht (In Georgetown gibt es übrigens ein wundervolles Katzencafé).
Auf dem Weg zur Gratulation wurden wir sogar per Durchsage in der Metro beglückwünscht (In Georgetown gibt es übrigens ein wundervolles Katzencafé).

Graduation

Nach zwei anstrengenden Semestern ist es Mitte Mai endlich so weit: Die große Graduation steht an. In den Tagen davor gab es bereits einige kleine Veranstaltungen. Doch das Beste kommt zum Schluss. Frühmorgens stehe ich auf, ziehe mir meine lange schwarze Robe und den Hut an. Der GW-Pin und die Kordel auf dem Hut sitzen. Mit Freunden und Familie geht es zur National Mall. Vor dem Kapitol und Washington Monument werden die Absolvent*innen der George Washington University ihren Abschluss erhalten. Eine gigantische Bühne, dutzende Leinwände und ein Meer an Stühlen stehen bereit. Viele Fotos werden gemacht, mit allen Gruppen, vor allen Hintergründen. Die Absolvent*innen sammeln sich und ziehen nach Fakultät gegliedert ein. Es sind zehntausende Leute da. Emotionale, motivierende Reden werden gehalten, während wir in unseren schwarzen Roben in der Mittagssonne schwitzen und versuchen die hohe Luftfeuchtigkeit auszuhalten.

Es geht zügig weiter: Die Law School Graduation auf dem Campus steht an. Auf dem Weg in der Metro Richtung Weißes Haus wird uns Absolvent*innen per Durchsage gratuliert. Alle Passant*innen gratulieren uns ebenso. Zwischen abgesperrten Straßen lässt eine Limousine ihr Fenster herunter. Ein Sonnenbrille tragender alter Mann winkt. Der Präsident und die gesamte Stadt freuen sich mit uns. An der Fakultät werden wieder Fotos gemacht – die LL.M.s organisieren kurzerhand eine eigene zusätzliche Fotosession. Dann können wir kurz durchschnaufen. Wir werden nach Abschlüssen sortiert – die J.D.s kommen zuerst. Ich laufe in das Uni-Stadion ein. Die Menge braust auf, Eltern jubeln, Kommiliton*innen applaudieren. Emotionale, motivierende Reden werden gehalten, während wir die überdachte und klimatisierte Halle genießen. Preise werden verliehen und eine Person nach der anderen bekommt ihren Abschluss. Als 634. Absolvent wird mein Name vorgelesen, der Dekan überreicht mir meine Mappe und ein Erinnerungsfoto wird geschossen. Mit Glückwünschen überschüttet geht es erschöpft nach Hause. Den besten Tag des Jahres schließt eine kleine Familienfeier ab. Es regnet kurz und über der Stadt ist ein doppelter Regenbogen zu sehen.

Eine Abschlussfeier auf der National Mall – only at GW!
Eine Abschlussfeier auf der National Mall – only at GW!

Fazit

Kurz vor Schluss auf meinen letzten Reisen durch das Land schlägt das Virus dann doch noch zu. Der Abschied vom Land und seinen Leuten verzögert sich und ist dennoch nicht möglich. Ich reflektiere das vergangene Jahr also in Isolation.

Es war ein aufregendes, ereignis- und erlebnisreiches Jahr. Sich alleine in einem fremden Land zurechtzufinden, in dem Freunde und Familie weit weit weg sind, war bisher die größte Herausforderung meines Lebens. Sie war schwer: organisatorisch, fachlich und persönlich. Aber ich habe die Herausforderung gemeistert und bin enorm an ihr gewachsen. Und ich habe viel gelernt.

Die USA liegen auf einem anderen Kontinent und sind Deutschland doch nicht so ähnlich wie ich dachte. Die Städte sind alle geplant worden, das Wetter schwankt stark und allem wird Zucker beigemischt. Die Menschen sind fast schon zu freundlich im Umgang miteinander und haben doch einen sehr harten Kern. Planung und Verbindlichkeit sind vielen fremd. Und man lebt dort in Blasen, die sich selten vermischen. Die Universität und das Studium haben mich besonders überrascht. Es ist sehr schwer. Nicht, weil es besonders komplex, sondern weil es so umfangreich ist. Mir kommt das amerikanische Recht vor wie eine Ansammlung von Anekdoten, von Meinungen, die in viele verschiedene Richtungen schreien wie eine flexible unförmige Masse. Als deutscher logik- und dogmatikververwöhnter Jurist musste ich einsehen, dass ich mit meinen bisherigen Methoden nicht mehr weiterkomme und es nicht nur den einen Weg gibt.

All diese Erfahrungen haben mich weiter gebracht in meinem Leben. Ich bin dankbar, dass ich sie machen durfte, und würde sie nicht missen wollen. Die Entscheidung für das Auslandsjahr würde ich auch rückblickend so treffen.

Rückkehr

Ich fühle mich bereit. Bereit, mich aufzumachen, meine Maske aufzusetzen, ein letztes Goodbye auszusprechen und nach Hause zu fliegen. Zuhause angekommen, freue ich mich unglaublich meine Familie und Freunde wiederzusehen, gute Backwaren zu genießen und normale Preise für Lebensmittel und Drogerieartikel zu bezahlen. Es sind die kleinen Dinge, die mir in den ersten Tagen auffallen: kurvige Straßen, nebeneinanderstehende Häuser aus verschiedenen Epochen, ein Baum hier und da, eine belebte Innenstadt, öffentliche Klos mit richtigen Türen, pünktliche Busse, angenehme Temperaturen und ein gewisses Gemeinschaftsgefühl. Ich bin dankbar wieder hier zu sein und dankbar die Erfahrungen eines Auslandsjahres in Amerika gesammelt zu haben.

It was an awesome time. Thank you and see you in Bavaria!
It was an awesome time. Thank you and see you in Bavaria!

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