Now or never – Erfahrungsbericht zum LL.M.-Studium an der University of San Francisco School of Law (2018/2019)

Veröffentlicht am 15.12.2021

Marc Prehler, LL.M. (San Francisco)

Rechtsanwalt

Ich habe meinen LL.M. im Studienjahr 2018/2019 an der University of San Francisco (USF) School of Law absolviert. Nachfolgend möchte ich kurz über meine Zeit in San Francisco berichten. Der Bericht trägt den Titel „Now or never“ wegen des gleichnamigen Songs von Kendrick Lamar und Mary J. Blige, mit dem ich diese besondere Zeit verbinde.

Inhalt

Universität und Campusleben

Auffallend sind die ökonomischen Möglichkeiten der Universität: Ausstattung der Bibliotheken ausschließlich mit Apple-Computern, pompöse Gebäude, hochwertige Einrichtungen. Als Beispiel gab es für mich als Fitnessliebhaber im Campus-Gym Geräte der Marke Hammer Strength, die zu den besten auf dem Markt gehören. Aber auch „Kleinigkeiten“ wie ein eigener Courtroom zur Simulation von Gerichtsverhandlungen zeigen, dass Bildung hier wirtschaftlich auf einem ganz anderen Level gedacht wird. Wie sollte es auch bei den hohen Studiengebühren anders sein?

Courtroom
Courtroom

Der Campus liegt zentral in San Francisco und deckt alles ab, was man braucht. Diverse Bibliotheken, Mensa, Aufenthaltsräume, Fanshops und eine eigene Buchhandlung für die nötige Studienliteratur.

Ausblick Zief Bibliothek
Ausblick Zief Bibliothek

Anders als in Deutschland gibt es keine große Vorlesung mit allen Studenten. In meinem Fall wurden die First Year Students in drei Sections mit jeweils ca. 50 Studenten aufgeteilt. Für mich war der Anschluss zu meinen Kommilitonen ohnehin schnell hergestellt, da ich im Wohnheim der Juristen wohnte. Generell helfen kleinere Gruppen sicherlich, um schnell viele Kontakte knüpfen zu können.

Vorlesungasaal
Vorlesungasaal

Durch die kleinen Gruppen war die Bindung zu den Professoren auch um einiges enger als in Deutschland. Die Professoren haben sich sehr viel Zeit für den Austausch mit den Studenten genommen und regelmäßig Sprechstunden angeboten.

Völlig unterschiedlich war ebenfalls die Selbständigkeit der Studenten. Es gibt regelmäßige kleine Hausarbeiten sowie Hausaufgaben in Form von Lektüre.

Wer mehr als 20 % der Vorlesungstermine unentschuldigt fehlt, fällt durch den Kurs. Zur Kontrolle werden Anwesenheitslisten geführt.

In der Vorlesung werden Diskussionsrunden gehalten und Studenten sollen ihre eigenen Gedanken einbringen. Anders als in Deutschland ermutigen die Professoren die Studenten stark in ihren Ideen. Dass eine Idee mal als grob falsch abgetan wurde, kam nicht vor.

Ebenfalls anders ist die Bewertung der Klausuren. Studenten stehen hier in echtem Wettbewerb zueinander. Denn es gibt keine Vorgabe, wann eine Klausur als bestanden gilt. Sie wird vielmehr im Verhältnis zu den anderen bewertet. So gibt es ein Kontingent für die Bestnote, aber ebenfalls eine Mindestzahl an Studenten, die durchfallen müssen. Diese Regel galt jedoch nicht für die LL.M.-Studenten.

Ausblick Uni Zentrale
Ausblick Uni Zentrale

Mein Master „International Transactions & Comparative Law“ bestand aus einer geringen Zahl von Pflichtfächern (American Legal System) und einer Mindestzahl an Credits, die ich belegen musste. Dabei wird im Stundenplan je nach Stundenaufwand einem Kurs eine bestimmte Zahl zugewiesen. Welche Kurse man sich dann aussucht, bleibt einem selbst überlassen, solange man nach zwei Semestern die nötige Punktzahl erreicht.

Highlight am Ende des Studiums war sicherlich der Besuch im San Quentin Staatsgefängnis. Dort haben uns Mörder und Räuber ganz offen durch den Zellentrakt geführt. Ich durfte mit Ihnen sehr persönlich über ihre Taten reden und wie sie heute darüber denken.

Bewerbungsverfahren

Zum Bewerbungsverfahren kann ich wenig sagen, weil ich das klassische Prozedere gar nicht durchlaufen habe. In Dortmund habe ich den IELTS-Test gemacht, den die USF auch akzeptiert. Es gab dann ein kurzes Gespräch mit Julianne C. Traylor, der LL.M.-Programm-Direktorin, um in der Praxis meine Sprachkenntnisse kennenzulernen.

Wichtig ist zu wissen: Normalerweise werden die Unterlagen an die LSAC geschickt, um diese dann an die Unis weiterzuleiten. Grundsätzlich akzeptieren die Law Schools meiner Erfahrung nach Bewerbungen außerhalb der LSAC nicht. Damals war ich allerdings extrem spät dran: Mein erstes Examen war im Juni 2018 und im August sollte das Semester starten. Deswegen akzeptierte die USF ausnahmsweise Zeugnisse in Form von PDF-Dateien, wenn ich die beglaubigten Urkunden nachschicken würde. Auch um einen Platz im Wohnheim hat man sich gekümmert.

Wichtig zu wissen ist auch, dass man die Studiengebühren verhandeln kann. So konnte ich einen 50 % Rabatt auf meine Studiengebühren erhalten.

Law School
Law School

Finanzierung

Da ich kein VB im 1. Examen hatte, konnte ich nicht auf klassische Stipendien setzen. Es gibt aber auch die Möglichkeit eines umgekehrten Generationenvertrages beim LL.M. Bildungsfonds von Brain Capital. Dort erhält man je nach Examensergebnis einen individuellen Zinssatz, die Rückzahlung erfolgt dann über einen Zeitraum von zehn Jahren, falls ein bestimmtes Mindesteinkommen erreicht wird. Wichtig zu wissen ist auch, dass die Rückzahlung auf die doppelte Summe der Auszahlung gedeckelt ist. Wenn man etwa als Anwalt in einer Großkanzlei 160.000 EUR brutto im Jahr verdient, zahlt man wahrscheinlich bei einem Darlehen von 60.000 EUR über die zehn Jahre 120.000 EUR zurück. Aus diesem Grund habe ich meinen LL.M. privat finanziert, wobei mir meine Eltern geholfen haben.

Stadt

Vorab: San Francisco ist sehr teuer, man muss mit monatlichen Ausgaben von 1.000 EUR zzgl. Miete rechnen. Die Miete wird sich bei einem kleinen Zimmer auf einen ähnlichen (oder höheren Betrag) belaufen. Mehr als ein kleines Zimmer in einer WG oder einem Wohnheim wird daher schwer finanzierbar sein. In meinem Wohnheim haben die ganzen Erstis der Law School gelebt. Es gab dort eine Küche für drei Etagen und jede Etage hat eine Gemeinschaftstoilette. Soweit ich mich erinnere, lag die monatliche Miete mit allen Nebenkosten bei 1.500 EUR.

Den öffentlichen Nahverkehr in San Francisco fand ich eher dürftig. Am Ende bin ich auf das Uber-System umgestiegen, was vor der Pandemie eine super Alternative war. Anders als in Deutschland kann man sich auch Uber-Fahrten teilen. Man wird dabei nicht am Ort abgeholt, sondern geht bis ca. fünf Minuten zu einem bestimmten Standort. Dort wird man aufgesammelt sowie im weiteren Verlauf alle Mitfahrer, die in die gleiche Richtung wollen. Anschließend wird man ca. fünf Minuten von seinem Ziel entfernt abgesetzt. Für vier Dollar durch die halbe Stadt, das war günstig.

Ferry Building
Ferry Building

Von Interesse ist sicherlich auch noch, wo man Party machen kann. In San Francisco (und ich glaube in ganz Kalifornien) gehen um 2:00 morgens die Lichter aus. Man sollte also wesentlich früher als in Deutschland auf Tour gehen. Ich war mehr in Bars als in Clubs unterwegs, weil meine Kollegen keine Clubgänger waren.

San Francisco ist keine klassische Sightseeing City, aber es gibt sicherlich Orte, an denen es sich lohnt, vorbeizuschauen, wie z.B. Pier 39, Alcatraz, Golden Gate Bridge, Downtown, Golden Gate Park oder den Ocean Beach.

Pier 39
Pier 39
Alcatraz
Alcatraz
Golden Gate Bridge
Golden Gate Bridge
Ausblick vom Dolores Park
Ausblick vom Dolores Park
Ocean Beach
Ocean Beach

Wo Glanz ist, ist aber auch viel Schatten. Die Obdachlosigkeit in San Francisco ist stark und überrascht einen. Ich habe dort Straßen gesehen, auf denen der Bürgersteig komplett von Obdachlosen bewohnt wurde.

Ich hoffe, mein Bericht gibt einen kleinen Einblick in das Studium an der USF. Allen zukünftigen Studenten wünsche ich viel Spaß dort!

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