Hollywood Hills Forever
Erfahrungsbericht zum LL.M.-Studium an der University of California, Los Angeles School of Law (2022/2023)
Bereits zu Beginn meines Jurastudiums reizte mich die Möglichkeit eines LL.M.-Studiums im Ausland. Nachdem ich ein Auslandssemester und -praktikum absolviert hatte, war ich mir mit meiner Entscheidung sicher. So folgte auf mein erstes Examen mein LL.M.-Studium an der University of California, Los Angeles (UCLA) School of Law, welches die beste Erfahrung meines Lebens sowie eine enorme fachliche und persönliche Bereicherung war.
Inhalt
Bewerbungsverfahren
Der organisatorische Aufwand für die Bewerbungen ist nicht zu unterschätzen. Die ersten Fristen liegen bereits im Herbst des vorangehenden Jahres, für Stipendien teilweise noch früher. Es empfiehlt sich frühzeitig die notwendigen Dokumente wie z.B. Transcripts und Empfehlungsschreiben zu beantragen und den TOEFL/IELTS-Test abzulegen. Für amerikanische Universitäten läuft das Bewerbungsverfahren hauptsächlich über die zentrale Plattform Law School Admission Council (LSAC) ab. Mein Eindruck war, dass die Universitäten dabei nicht ausschließlich auf die Examensnoten schauen, sondern auch einen starken Fokus auf das individuelle Motivationsschreiben und Arbeitserfahrungen legen.
Ich persönlich habe mich für ein LL.M.-Studium in den USA entschieden, da ich das Land schon mehrmals besucht und über die Jahre auch eine Faszination für dessen Politik, Rechtsystem und Vielfältigkeit entwickelt habe. Es ist die optimale Möglichkeit meine Fähigkeiten aus dem deutschen Jurastudium zu erweitern und einen Blick über den Tellerrand zu wagen, um im Ergebnis auch das Verständnis des eigenen Rechts zu schärfen. Nachdem ich mit einigen Universitäten im Rahmen der LL.M. Days der Deutsch-Amerikanischen Juristen-Vereinigung (DAJV) gesprochen hatte, bewarb ich mich bei sechs Institutionen. Letztlich erhielt ich von jeder Universität eine Zusage mit teils sehr großzügigen Stipendien. Diese konnten dann als Verhandlungsbasis mit der Wunschuniversität verwendet werden.
Nach langem hin und her entschied ich mich für ein Studium an der UCLA School of Law. Mich hat Los Angeles als Stadt und der Kalifornische Lifestyle schon immer begeistert. Vor allem das Profil der UCLA als öffentliche, liberale und diverse Universität mit Studenten unterschiedlicher Herkunft und aus aller Welt sprach mir sehr zu. Im Nachhinein war dies für mich auch die absolut richtige Entscheidung und ich hätte sie immer wieder so getroffen.
Mit der Annahme des Studienplatzes begann dann der eigentliche Aufwand: Die Beantragung des Visums, Planung des Umzugs, Einschreibung in die Universität, Klärung der Finanzierung, Wohnungssuche und vieles mehr. Dieser Prozess kann nervenaufreibend und kompliziert sein, aber: Durchhalten lohnt sich! Am Ende hat sich alles mehr als ausgezahlt.
UCLA
Die UCLA gehört zu einer der besten Universitäten der Welt und gilt als die No. 1 Public University in den USA. Der Campus gleicht einer grünen Oase mitten in LA und bietet mit seinen schönen Gebäuden und Wiesen eine bildhübsche Kulisse, an der man sich kaum satt sehen kann. Kein Wunder also, dass er oft als Filmset für Hollywoodproduktionen dient. Der Campus ist riesengroß und bietet alles, was das Herz begehrt: Von Food Courts, Cafés, Sportstätten und Stadien bis hin zu Fotostudios und Merch Stores. Die Dining Halls gehören zu den besten in den USA, was ich nur bestätigen kann. Zudem gibt es Fitnessstudios, Schwimmbäder, Basketball- und Tennisplätze sowie ein weitreichendes Kursangebot, welches für Studenten kostenlos ist. Es finden tagtäglich unterschiedliche Veranstaltungen und Vorträge statt – kurzum, es ist immer etwas los. Man kann also unbeschwert einen gesamten Tag auf dem Campus verbringen. Besonders spannend ist es, wenn die Football- und Basketballsaison anfängt und Studenten, Anwohner und Stars zu den Spielen kommen, um die Bruins (das UCLA-Team) anzufeuern.
Studium an der UCLA School of Law
Die UCLA School of Law zeichnet sich durch eine herausragende Fakultät und renommierte Professoren aus aller Welt aus. Der Besuch einer erstklassigen Universität bot mir ein akademisch anspruchsvolles Studium mit innovativem Inhalt. Wir hatten eine große Auswahl an Kursen, die einen Einblick in völlig neue Rechtsbereiche boten. Neben dem Grundstudium konnte man auch einer Spezialisierung nachgehen wie etwa Business Law, International Law und Entertainment Law.
Mich hatten schon immer verschiedene Rechtsysteme sowie die Verbundenheit der internationalen Gemeinschaft und Wirtschaft interessiert, daher war die Spezialisierung International and Comparative Law für mich optimal. Ich belegte u.a. Kurse und Seminare in International Trade Law, US Law in the Global Context, Public International Law und Chinese Law. Es gab kleinere und größere Kurse, teilweise nur durch LL.M.-Studenten belegt, zum Großteil jedoch gemeinsam mit den amerikanischen J.D.-Studenten. Viele Dozenten verwendeten die sokratische Methode, sodass man des Öfteren im Kurs aufgerufen wird und die mündliche Mitarbeit bei der Benotung eine Rolle spielte. Dies führte zu einer gesteigerten Aufmerksamkeit, wodurch die meisten Kurse sehr interaktiv waren und ein interessanter Austausch stattfand.
Bei der Kurswahl empfiehlt es sich nach dem eigenen Interesse zu gehen und auf Erfahrungsberichte vorheriger Studenten zurückzugreifen. Falls man plant das California oder New York Bar Exam abzulegen, muss man als Zulassungsvoraussetzung bestimmte Kurse wie Contracts und US Constituional Law belegen. Am Ende jedes Semesters standen Abschlussklausuren oder Seminararbeiten an. Durch die Anwesenheitspflicht und wöchentlichen Hausaufgaben war der Arbeitsaufwand recht hoch, vom Niveau her aber gut machbar.
Ergänzt wurde das bereits vielfältige Kursprogramm durch praxisorientierte Seminare, Clinics und Pro-Bono-Arbeit bei verschiedenen Vereinen und Organisationen. Dazu gab es die Gelegenheit einer Tätigkeit bei den Law Journals, Instituten oder Externships außerhalb der Universität nachzugehen. Außerdem fanden nahezu wöchentlich Gastvorträge statt, z.B. von Anwälten der LA Lakers, aus dem Entertainment Business oder von Human-Rights-Organisationen.
Der LL.M.-Jahrgang
Unser LL.M.-Programm setzte sich aus 230 Juristen aus 36 Nationen zusammen. Die Law School zieht Studierende aus der ganzen Welt an, was eine kulturell vielfältige Lernumgebung schafft. Die Altersspanne reichte von 20 bis 52 Jahren, sodass es eine bunt gemischte Gruppe mit unterschiedlichen (Berufs-)Erfahrungen war. Viele kamen nach dem Grundstudium, andere standen zuvor schon mehrere Jahre im Arbeitsleben. Während für die einen der LL.M. eine Zusatzausbildung darstellte, war es für die anderen der Einstieg für einen langfristigen Aufenthalt in den USA.
Allgemein war die Betreuung der LL.M.-Studenten wirklich hervorragend. Insbesondere Vic Telesino stand uns immer mit Rat und Tat zur Seite und antwortete auf jede E-Mail bereits innerhalb kürzester Zeit. Man fühlte sich von der Universität durchaus wertgeschätzt. Eine Besonderheit des amerikanischen Universitätssystem und der dortigen Berufswelt ist sicherlich das Networking. Die UCLA legt darauf großen Wert: Seitens der Professoren und Dozenten gab es oft eine persönliche Betreuung den Studenten gegenüber. Neben einem guten Verhältnis dank kleinerer Kurse wird auch Hilfe beim Networking und der Jobsuche angeboten. Außerdem finden oft Recruiting- oder Karriereevents statt, wie z.B. die von der New York University organisierte Jobmesse, bei der wir über ein zentrales Portal teilnehmen konnten.
Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir UCLA Law Women Lead. Ins Leben gerufen durch Nancy Abell ist sie eine generationsübergreifende Community von Frauen der UCLA School of Law, die sich gegenseitig helfen, berufliche Ziele und Karrieren zu fördern. Des Weiteren nahm ich an Treffen der Asian Pacific Islander Law Student Association teil. Insgesamt gab es viele Gelegenheiten, um Kontakte in der amerikanischen Anwaltswelt zu knüpfen oder ehemalige UCLA-Alumni und potentielle Arbeitgeber kennenzulernen. Rückblickend haben nicht wenige Kommilitonen auf diese Weise Praktikums- bzw. Arbeitsplätze in den USA gefunden.
In der Einführungswoche gab es viele Veranstaltungen zum Kennenlernen, aber auch im Laufe des Semesters organisierte die Law School Events, wie z.B. einen Thanksgiving Lunch oder den Barristers Ball. Generell herrschte ein großartiges Gemeinschaftsgefühl in der LL.M.-Community. Man lernte schnell tolle Menschen aus aller Welt kennen und es wurde sehr viel gemeinsam unternommen. So fuhren wir beispielsweise mit einer großen Gruppe zusammen nach San Diego oder Las Vegas oder gar mit 40 Leuten zum Coachella Music Festival in der Colorado Wüste. Erlebnisse, die ich nie vergessen werde.
Wohnsituation und Finanzierung
Die UCLA liegt im Stadtteil Westwood, das an das gehobene Bel Air angrenzt. Westwood hat alles, was man als Student zum Leben braucht. Restaurants, Supermarktketten, unzählige Geschäfte bis hin zu Museen und einem Filmtheater, welches regelmäßig Hollywood-Filmpremieren veranstaltete, sodass man auf dem Heimweg des Öfteren Hollywood-Stars wie Viola Davis, Jennifer Aniston, Ashton Kutcher oder LeBron James auf dem roten Teppich oder gar in der Filmpremiere im Kino sehen konnte. Westwood ist mit dem Auto nur ca. 20 min von Santa Monica und Venice Beach entfernt, in die andere Richtung erreicht man innerhalb kürzester Zeit Sunset Boulevard und West Hollywood. Im Vergleich zu vielen anderen Stadtteilen in LA ist es in Westwood relativ sicher, die Anzahl an Obdachlosen und Kriminalität hält sich in Grenzen, sodass man abends auch ohne Sorge zu Fuß unterwegs sein kann.
Von den LL.M.s haben recht wenige im Campus Housing gewohnt, da die Undergrads dabei bevorzugt werden und die Warteliste sehr lang war. Die meisten lebten in WGs in Westwood, was zu empfehlen ist, da viele universitäre und private Veranstaltungen in Campusnähe stattfinden. Fast alle meine Freunde wohnten fußläufig in meiner Nachbarschaft und ich konnte jeden Tag den Schulbus zur Uni nehmen bzw. laufen. Allerdings liegen die Preise deutlich über dem, was man aus europäischen Großstädten gewohnt ist: In der Regel zahlt man für ein WG-Zimmer an die 1200-1900 €. Als Alternative gibt es das Co-Op (Cooperative Housing), welches preislich etwas günstiger ist, wo man aber Schichten (z.B. Kochen, Abwaschen) hat oder sich mit anderen ein Zimmer teilen muss. Man sollte sich frühzeitig um eine Unterkunft kümmern, damit man vor Ort nicht unter Stress und Zeitdruck steht eine Bleibe zu finden. Ich selbst habe meine WG über eine UCLA-Facebookgruppe gefunden.
Ein Studium an der UCLA und das Wohnen in Los Angeles ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Die Law School war den Europäern gegenüber mit den Stipendien relativ großzügig, was in der Regel die Hälfte der Studienkosten abdeckte. Da ich bereits früh wusste, dass ich ein LL.M.-Studium machen wollte, habe ich dementsprechend zeitig angefangen zu sparen und nach dem Examen in einer Großkanzlei gearbeitet. Zudem hatte ich das Glück, durch ein Stipendium seitens LL.M. Essentials und durch meine Eltern unterstützt zu werden. Einige Kommilitonen haben einen Kredit aufgenommen und andere haben während der gesamten Zeit einen Nebenjob am Campus gehabt. Außerhalb des Campus durften wir aufgrund des F1-Visums leider keine Nebentätigkeit aufnehmen. Bei der Finanzierung sollte man daher sehr großzügig kalkulieren und das Budget so groß wie möglich halten, da noch sehr viele unvorhersehbare Kosten dazukommen werden, wie beispielsweise (sehr teure) Lehrbücher, Zusatzversicherungen und spontane Reisen.
Los Angeles
The City of Angels and endless possibilities. Los Angeles ist wortwörtlich eine Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten. Die Stadt ist einzigartig, aber nicht unbedingt etwas für jeden. Man sollte sich im Vorfeld sicher sein, in einer solchen Großstadt leben zu wollen. Ich persönlich fand Los Angeles schon immer attraktiv und wurde in meinen Erwartungen sogar übertroffen. Hier findet man ein West-Coast-Leben mit Sonne, Strand, Meer und Palmen so weit das Auge sehen kann. Es herrscht die Grundeinstellung des California Lifestyles und man begegnet gut gelaunten, entspannten und sehr freundlichen Menschen. Bis auf die Hitzewelle im Sommer herrscht das gesamte Jahr über eine angenehme Temperatur. Wobei es im Winter durchaus kühl werden kann und es dieses Jahr wohl für LA-Verhältnisse unüblich oft geregnet hat.
Los Angeles ist eine äußerst vielfältige und diverse Großstadt, ein Melting Pot verschiedener Nationen und unterschiedlicher kultureller Einflüsse. Die globale Metropole besitzt das Herz von Hollywood und ist die „kreative Hauptstadt der Welt“, gleichzeitig ist sie an der vordersten Front von technischer Innovation. Die Freizeitmöglichkeiten sind unendlich: Von Filmpremieren, Music Award Shows, Konzerten und Partys bis hin zu Museen und der kulinarische Genuss von nahezu jeder Küche. Insbesondere für Entertainment-Interessierte gibt es in der Stadt viele Gelegenheiten einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und Kontakte in der Industrie zu knüpfen.
Zudem besitzt die Stadt eine atemberaubende Natur, sodass man seine Freizeit auch mit Wanderungen im Griffith Park oder Runyon Canyon, Surfen an einer der unzähligen Strände, Skifahren oder Roadtrips ins naheliegende Palm Springs verbringen kann.
Zu den Kehrseiten gehört zweifellos, dass das Leben in LA sehr, sehr teuer ist. Außerdem ist der öffentliche Nahverkehr unzuverlässig und nicht ausreichend ausgebaut, sodass ein Auto empfehlenswert ist. Mit Uber/Lyft kommt man zwar auch gut umher, dies ist dann aber mit dementsprechenden Kosten verbunden. Trotz Auto kann es dennoch wegen des LA-Traffics teilweise Stunden dauern, um von A nach B zu kommen. Außerdem ist seit der Covid-Pandemie und der Inflation die Obdachlosigkeit in LA nochmals gestiegen. Man sollte die Kriminalität und die Möglichkeit von Schießereien im Hinterkopf behalten. Allerdings überwiegen meiner Meinung nach definitiv die Vorteile von LA und nach einem Jahr sind mir die Stadt und die Menschen sehr ans Herz gewachsen.
Kalifornien hat generell viel zu bieten: Neben Großstädten wie San Francisco, Los Angeles und San Diego findet man auch sehr abwechslungsreiche Natur. Wunderschöne Strände ziehen sich der Westküste entlang, dazu gibt es viele Nationalparks wie Yosemite oder Sequoia. Auch zu den Canyons in Arizona oder Utah kann man mit dem Auto fahren. Die Reiseanbindung ist praktisch, sodass die Zeit der Christmas oder Spring Breaks sich gut zum Reisen, wie z.B. nach Hawaii oder Mexico, eignet.
Fazit
Das LL.M.-Studium an der UCLA war die bisher beste Zeit meines Lebens. Ich habe Freundschaften fürs Leben geschlossen und gemeinsam haben wir unvergessliche Momente erlebt. In Los Angeles habe ich eine Stadt gefunden, in der ich mich zugehörig fühle und über meine Komfortzone hinauswachsen konnte. Durch das Studium habe ich fachlich viel dazu gelernt und meine sprachlichen und interkulturellen Fähigkeiten erweitert. Während ich wertvolle Erfahrungen gesammelt und eine hohe Lebensqualität genossen habe, konnte ich mir gleichzeitig ein internationales Netzwerk aufbauen. Mit der UCLA trifft man sicherlich die beste Wahl – ich würde es immer wieder genauso machen und kann es jedem nur weiterempfehlen! Go Bruins!
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